Auch unse­re Her­aus­ge­be­rin Kat­rin Scherz-Kogel­bau­er ließ sich die ein­ma­li­ge Gele­gen­heit für eine geschichts­träch­ti­ge Fotorei­se nicht ent­ge­hen / Selfie

Süd­bahn­ho­tel am Sem­me­ring: Herz­stück der Sommerfrische

von | Jul 18, 2018 | Archiv

Seit eini­gen Aus­ga­ben des „Boten“ stel­len wir dank der tol­len Bil­der von Mar­kus Stein­bich­ler (Buck­li­ge Welt­rei­sen auf Face­book) geschichts­träch­ti­ge Bau­wer­ke der Regi­on vor. Nun ergab sich die ein­zig­ar­ti­ge Chan­ce, den „Lost Place“ schlecht­hin zu besich­ti­gen, auch wenn die­ser nicht in der Buck­li­gen Welt liegt — das Süd­bahn­ho­tel am Sem­me­ring. Für unse­ren Foto­gra­fen ging damit ein klei­ner Traum in Erfül­lung. Und eines dür­fen wir jetzt schon ver­ra­ten: So ver­ges­sen, wie es auf den ers­ten Blick scheint, ist die­ses Haus mit gro­ßer Geschich­te gar nicht.

Über drei Stun­den und weit mehr als 400 Fotos – das ist das Ergeb­nis, wenn man einen begeis­ter­ten Foto­gra­fen mit Sinn für Geschich­te auf das Süd­bahn­ho­tel „los­lässt“. Eine klei­ne Aus­wahl zei­gen wir hier, wei­te­re Bil­der gibt es unter www.bote-bw.at zu sehen. Denn Foto­gra­fie­rens­wer­tes gab es am Sem­me­ring so eini­ges. Das Süd­bahn­ho­tel ist wohl der Klas­si­ker, wenn es um die gro­ßen Häu­ser zu Zei­ten der Som­mer­fri­sche geht. Als man nicht eben mal eine Woche da und eine Woche dort Urlaub mach­te, son­dern sich einen schö­nen Ort such­te und für meh­re­re Wochen, wenn nicht gar über den gesam­ten Som­mer, blieb.

Ers­tes Hotel  am Sem­me­ring

1882 wur­de das Süd­bahn­ho­tel mit 60 Zim­mern als ers­tes Hotel am Sem­me­ring eröff­net. Der Bau wur­de von der Süd­bahn­ge­sell­schaft zur Bele­bung der Gebirgs­re­gi­on an der Bahn­stre­cke von Wien nach Tri­est errich­tet. Schon nach weni­gen Jah­ren fand ein regel­rech­ter „Sem­me­ring-Boom“ statt: Der Ort war durch die Bahn in nur weni­gen Stun­den von der Resi­denz­stadt Wien aus gut erreich­bar und wur­de zum füh­ren­den Som­mer­fri­sche- und Feri­en­ort der Mon­ar­chie. Adel und Groß­bür­ger­tum lie­ßen sich Vil­len und Land­sit­ze errich­ten, die geho­be­ne Mit­tel­schicht quar­tier­te sich in den Hotels ein. Auch das stän­dig über­buch­te Süd­bahn­ho­tel wuchs: Zahl­rei­che Zu- und Aus­bau­ten folg­ten zwi­schen 1903 und 1913, um dem rasch vor­an­schrei­ten­den tech­ni­schen Fort­schritt und den stei­gen­den Ansprü­chen der Gäs­te nachzukommen.

Auf und Ab eines gro­ßen Hauses

Auf der Gäs­te­lis­te fin­den sich pro­mi­nen­te Namen wie Erz­her­zog Albrecht, Gus­tav Mahler mit Gat­tin Alma, Oskar Kokosch­ka, Peter Alten­berg, Adolf Loos mit Gat­tin Lina, Franz Wer­fel, Kolo Moser, Karl Kraus und vie­le mehr. Der Ein­bruch kam schließ­lich mit dem Ers­ten Welt­krieg, die Lage erhol­te sich nur lang­sam. In den Jah­ren 1932 – 34 wur­de unter den bei­den Archi­tek­ten und Otto-Wag­ner-Schü­lern Emil Hop­pe und Otto Schön­thal noch ein­mal groß umge­baut und ein Hal­len­bad errich­tet. Doch nur weni­ge Jah­re spä­ter ende­te die Glanz­zeit des gro­ßen Hotels: Mit dem Zwei­ten Welt­krieg blie­ben die Gäs­te aus, in der Fol­ge wur­de im Hotel ein Laza­rett­be­trieb auf­ge­nom­men. Erst im Jahr 1948 dien­te das Haus wie­der als Hotel. Der Sem­me­ring und damit auch das Süd­bahn­ho­tel fan­den jedoch nie mehr zu ihrer alten Grö­ße zurück, nach meh­re­ren Eigen­tü­mer­wech­seln wur­de der Betrieb im Jahr 1976 end­gül­tig eingestellt.

Regel­mä­ßi­ge Reno­vie­run­gen

1993 kauf­te der der­zei­ti­ge Eigen­tü­mer das geschichts­träch­ti­ge Haus und begann mit den wich­tigs­ten Restau­rie­rungs­ar­bei­ten. Ab 2000 kehr­ten die gro­ßen Namen der ehe­ma­li­gen Gäs­te zurück in das einst gro­ße Haus: Das Süd­bahn­ho­tel dien­te jeweils im Som­mer als Ver­an­stal­tungs­ort der stets aus­ver­kauf­ten „Rei­chen­au­er Fest­spie­le“ mit auf­ge­führ­ten Wer­ken von Karl Kraus und Arthur Schnitz­ler, bis von 2010 bis zum Som­mer 2017 die Zeit im Süd­bahn­ho­tel ein­mal mehr ste­hen blieb.

Kul­tu­rel­les Leben kehrt zurück

Seit der ver­gan­ge­nen Sai­son füllt der „Kultur.Sommer.Semmering“ das Haus erneut mit Leben und einem viel­fäl­ti­gen Kul­tur­pro­gramm. Als zwei­te nost­al­gi­sche Kulis­se (neben dem Kur­haus am Wolfs­berg­ko­gel) öff­net das Hotel sei­ne Türen und lädt Inter­es­sier­te zum Ent­de­cken der beein­dru­cken­den Räum­lich­kei­ten ein.

Von 30. Juni bis 2. Sep­tem­ber 2018 steht mit der „kul­tu­rel­len Som­mer­fri­sche“ außer­dem ein künst­le­risch viel­fäl­ti­ger Ter­min­plan am Pro­gramm. Lite­ra­tur und Kaba­rett, Lie­der­aben­de zwi­schen Wie­ner Lied und Klas­sik, Künst­ler­ge­sprä­che und Thea­ter­auf­füh­run­gen sol­len dem archi­tek­to­ni­schen Juwel zum Glanz längst ver­gan­ge­ner Zei­ten verhelfen.

Für Mar­kus Stein­bich­ler war die „Foto­sa­fa­ri“ jeden­falls ein denk­wür­di­ges Ereig­nis. „Die Stim­mung die­ser Räu­me mit der Pati­na der Ver­gan­gen­heit und dem Ein­druck, dass hier die Zeit ste­hen geblie­ben ist, ist etwas ganz Beson­de­res, und ich kann nur jedem emp­feh­len, die­ses Erleb­nis zu genießen.“

Das gesam­te Pro­gramm des „Kultur.Sommer.Semmering“ fin­den Sie auf: www.kultursommer-semmering.at.

Zum Schluss haben wir noch eine gute Nach­richt für alle Fans unse­rer Serie: Es ist geplant, aus der Fül­le an tol­lem Foto­ma­te­ri­al schon bald ein eige­nes Buch herauszubringen!