Ruine des Kamaldulenserklosters / Foto: Steinbichler

Es hat schon Tradition bei „Bucklige Zeitreisen“: Einmal im Jahr begibt sich unser Fotograf Markus Steinbichler über die Grenzen der Buckligen Welt hinaus, um auch besondere Orte der Umgebung vorzustellen. Für den Herbst kann er einen Besuch des Naturparks Landseer Berge nur wärmstens empfehlen. Denn hier gibt es viele interessante historische Plätze und mystische alte Mauern in traumhaft schönen bunten Laubwäldern zu entdecken.

Im Osten der Buckligen Welt bildet der Spratzbach bei Spratzeck und Gleichenbach ein Stück weit die Landesgrenze zum Burgenland. Über diese ist es nur noch ein Katzensprung, und man befindet sich nicht mehr in den Buckeln, sondern in den Landseer Bergen, die auch einen Naturpark beherbergen. Das kleine Dorf Landsee ist gemeinsam mit der Rotte Blumau ein Teil der Großgemeinde Markt St. Martin; der Ort ist umgeben von mehreren bewaldeten Riegeln und „Bergen“. Hier lohnt es sich – besonders im goldenen Herbst – Erkundungstouren zu unternehmen, nicht nur der unberührten Natur wegen: Denn hier liegen auch geschichtsträchtige Orte und romantische Mauern alter Ruinen verborgen. Vor allem die Burgruine Landsee ist weithin sichtbar und ein lohnendes Ausflugsziel für Jung und Alt.

Rund um eine der größten Ruinen Europas

Landsee wurde 1158 erstmals erwähnt. Die Burg lag damals östlich der Grenze zwischen den österreichischen Landen des Heiligen Römischen Reiches und dem Königreich Ungarn. Sie wechselte über die Jahrhunderte mehrmals die Besitzer – sei es durch Verträge oder aber Fehden – und war mal unter ungarischer, mal unter österreichischer Kontrolle. Eine Zeit lang soll die Burg auch als Raubritternest gedient haben, ehe sie im Jahr 1612 in den Besitz des Barons (später Graf) Nikolaus Esterházy gelangte. Die mächtige Festung sitzt auf einem Felssporn und besteht aus insgesamt vier Befestigungsringen aus Mauern und dazwischenliegenden Gräben. In der Anlage gibt es mehrere Höfe, einen Wohntrakt, eine Kapelle und den alles überragenden Bergfried, der als Wohnturm mit bis zu zehn (!) Metern starken Mauern errichtet wurde. 1666 wurde die Burg nach damals modernster Festungstechnik fertiggebaut und beherbergte auch das Esterházysche Waffenarsenal.

Nur wenig später, 1707, zerstörte ein Brand Teile der Burg. Nach der Instandsetzung besiegelte ein weiterer Großbrand im Jahre 1772 das Schicksal der Festung endgültig. Das Arsenal übersiedelte in die Burg Forchtenstein (wo es bis heute zu besichtigen ist), Landsee wurde nicht mehr aufgebaut, diente der Umgebung als Steinbruch und verfiel somit bald zur Ruine.

Die Burgruine ist seit 1968 vorbildlich gepflegt und für die Allgemeinheit zugänglich gemacht. Über mehrere Treppen und Brücken kann die weitläufige Anlage entdeckt und bestiegen werden. Ein besonderes „Highlight“ im wahrsten Sinne des Wortes ist die Aussichtsplattform auf dem Bergfried, von wo der Blick in die Bucklige Welt und über das Burgenland bis weit in die ungarische Ebene schweifen kann.

Die Ruine kann täglich von 9 bis 18 Uhr besichtigt werden, im Idealfall noch bis Allerheiligen – gutes Wetter vorausgesetzt. Doch auch außerhalb der Öffnungszeiten lohnt sich ein Besuch, denn auf einem Fußweg innerhalb des äußersten Mauerrings lässt sich die Ruine umrunden und ihr gewaltiges Ausmaß bestaunen. Außerdem sollte man am Hin- oder Rückweg unbedingt ein paar stille Momente am idyllischen Waldfriedhof an der Zufahrtsstraße zur Ruine verbringen. Früher diente er als eigener Friedhof der Burg, in dem sich auch die erste Pfarrkirche des Ortes Landsee befand. Sie wurde allerdings schon 1647 als „sehr alt“ beschrieben und später abgebrochen; heute ist von ihr nichts mehr zu sehen. Der Friedhof wird seit Jahrzehnten nicht mehr für Bestattungen genutzt, 1974 fand hier aber noch die Heimatdichterin und Ehrenbürgerin von Landsee, Mida Huber, ihre letzte Ruhestätte.

Das Kloster mit der (zu) kurzen Geschichte

Nur rund einen Kilometer westlich der Burgruine laden ebenfalls alte Mauern zum Entdecken ein, auch wenn diese weniger bekannt sind: Auf dem Klosterberg liegen vergessen im Wald die Mauerreste eines aufgelassenen Kamaldulenserklosters verborgen. Gestiftet wurde es von Eva Thököly, der Gattin von Fürst Paul Esterházy, um 1700. Die angesiedelten Kamaldulenser waren ein italienischer Eremitenorden. Auf der Kuppe des Klosterbergs wurden damals eine Kirche, ein Konventgebäude und ein Meierhof errichtet und rund um das Kloster wurden terrassenförmig weitere Gärten angelegt. Die Mönche lebten in acht einzelnen, durch Gärten voneinander getrennten Eremitenzellen. Die Blüte des Klosters dauerte nur knapp 80 Jahre: Schon 1782 wurde es im Zuge der Klosteraufhebungen unter Kaiser Joseph II. aufgelöst, die Mönche mussten den Ort verlassen und sich eine neue Bleibe suchen. Die von ihnen zum Teil selbst hergestellten Einrichtungsgegenstände wurde auf Pfarren der Umgebung verteilt, manches gelangte bis nach Ungarn. Letzte bemerkenswerte Relikte kann man dennoch im Ort bewundern: Die 14 Kreuzwegbilder, die aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stammen und 2003 restauriert wurden, hängen heute in der Pfarrkirche. Die Klostergebäude hingegen verfallen seit 240 Jahren beinahe unbemerkt zu romantischen Ruinen.

Aufruf:
Wenn auch Sie einen historisch interessanten Ort oder ein verlassenes Gebäude mit spannender Geschichte in der Region kennen, erzählen Sie uns davon: redaktion@bote-bw.at
Wir freuen uns über jeden Tipp!

Fotos: Steinbichler