Heuer wurde der Gedenkstein in Scheiblingkirchen-Thernberg errichtet (v.li.): Bgm. Johann Lindner, Historikerin Maria Stangl, GfGR Lukas Heilingsetzer, GfGR Karl Danhel, GR Renate Stadler, Vizebgm. Waltraud Ungersböck / Fotos: Ungersböck, Hofinger

Seit diesem Herbst befindet sich in der Pfarrgasse in Scheiblingkirchen ein Gedenkstein, der an die jüdischen Familien erinnern soll, die in der Gemeinde gelebt und ihre Spuren hinterlassen haben, bevor sie vor den Nationalsozialisten fliehen mussten oder vertrieben wurden. Historikerin Maria Stangl hat die Geschichte der jüdischen Familien in Scheiblingkirchen-Thernberg aufgearbeitet und bis heute zu deren Nachkommen Kontakt.

Mit der Verfolgung der Juden vor und während des Zweiten Weltkriegs wurden die meisten Spuren, die die jüdischen Familien in der Buckligen Welt hinterlassen haben, ausgelöscht. Mit dem Buch „Eine versunkene Welt – jüdisches Leben in der Region Bucklige Welt – Wechselland“, erschienen im Kral-Verlag wurden viele dieser Spuren wieder sichtbar. Und auch die Gemeinde Scheiblingkirchen-Thernberg setzte nun ein sichtbares Zeichen.  Die wenigsten Gemeindebürger können sich wohl noch an die Kaufmannsfamilie Loibl oder an den Hautarzt Dr. Moritz Oppenheim erinnern. Maria Stangl, die schon Teil des Buchteams war und die Geschichte der jüdischen Familien in ihrer Heimatgemeinde erforscht hat, stand nun auch bei der Errichtung des Gedenksteins mit ihrem Fachwissen zur Seite. 

Gemeinde-Grund

Der Platz in der Pfarrgasse wurde mit Bedacht gewählt: „Viele Familien mussten ihr Hab und Gut verkaufen, um die Flucht finanzieren zu können, wieder andere verkauften ihre Besitztümer, wenn sie nicht beschlagnahmt wurden, erst lange nach dem Zweiten Weltkrieg. So auch die Familie Oppenheim, auf deren Gründen heute unser Schulzentrum in Scheiblingkirchen steht. Es erwarb der damalige Bürgermeister Johann Stangl im Jahr 1954. Ebenfalls konnte er im Namen der Gemeinde die Grundstücke erwerben, auf denen das ehemalige Altersheim stand und der Fußballplatz errichtet wurde. Diese Liegenschaften verkauften die Nachfahren der Familie Laub aus der Altenheimstraße“, so Vizebürgermeisterin Waltraud Ungersböck. Weil auf diesen Grundstücken heute wichtige Gemeinde-Infrastruktur beheimatet ist, wurde hier auch der richtige Platz für den Gedenkstein gefunden. Der Stein selbst wurde von Steinmetzmeister Karl Danhel gestaltet, der intensiv mit der Historikerin Maria Stangl zusammenarbeitete. Durch die Mitte des Steins wurde ein Riss skizziert, der an die Zerrissenheit der damaligen Bevölkerung erinnern und auch mahnen soll. Eine darauf angebrachte Platte mit einem QR-Code, verlinkt auf die Geschichte der Familien.

Interesse an der Familiengeschichte

Eine davon ist eben die Kaufmannsfamilie Laub. Maria Stangl trat mit dieser im Zuge ihrer Recherchen für das Buch in Kontakt. Als diese nach dem Krieg aus Argentinien in die „alte Heimat“ kam, um ihren Besitz zu verkaufen, war bereits die Enkeltochter Claudia dabei. Viele Jahre später, im Zuge der Eröffnung der jüdischen Ausstellung im Hacker-Haus in Bad Erlach, kam diese Enkeltochter wieder zu Besuch. Maria Stangl führte sie und ihre Cousinen zu den Orten, an denen ihre Familie vor dem Krieg gelebt und gearbeitet hat. „Die Nachkommen sind sehr interessiert an der Buckligen Welt gewesen und haben sich die ‚Laub-Häuser‘ angesehen“, erinnert sich Maria Stangl. Im letzten Jahr kamen sie erneut zu Besuch und trafen sich wieder mit der Historikerin.  Heuer im Sommer erhielt sie plötzlich einen aufgeregten Anruf: „Wir sind in Scheiblingkirchen und suchen das Museum.“ Es war ebenfalls ein Verwandter der Laubs, der in Peru lebt und sich im Rahmen seiner Europareise auf die Spuren seiner Vorfahren begab.

Sommerfrischler bzw. Freunde bei der Familie Laub