Strahlt eine behagliche Ruhe aus: Das Museumsdorf Krumbach / Fotos: Markus Steinbichler (8)

Es gibt sie vereinzelt noch: die schönen, alten, ursprünglichen Bauernhäuser der Buckligen Welt, einfache Blockhäuser aus Holz mit ihren zahlreichen Nebengebäuden. An einem besonderen Ort dürfen solche Gebäude Zuflucht vor den Veränderungen unserer modernen Zeit finden und so bleiben, wie sie ursprünglich errichtet wurden: In Krumbach fanden im Museumsdorf alte Bauernhäuser und landwirtschaftliche Bauten ein neues Zuhause. 

Die Bucklige Welt war einst geprägt von stattlichen Bauernhäusern aus Holz oder Stein, mit angebauten Ställen und Lagerräumen aus dicken Mauern sowie starken Gewölben. Daneben gab es hölzerne Heustadel und Schüttkästen, vereinzelt noch andere nützliche Nebengebäude wie Stüberl, Mühle, Haarstube, Selchkammer oder Leinstampf. Fast alle Baustoffe waren in der Umgebung vorhanden, die Häuser waren damals mit Stroh oder Holzschindeln gedeckt. Über viele Jahrhunderte prägten diese urtümlichen Bauwerke nahezu unverändert die bäuerliche Landschaft der Region. Erst im letzten Jahrhundert wurden viele Höfe nach und nach erweitert, umgebaut, überformt und modernisiert, um für ihre Besitzer zeitgemäßes Wohnen und Arbeiten zu ermöglichen. Manche Höfe fielen aber auch in einen Dornröschenschlaf, um im besten Fall eines Tages irgendwann wieder daraus erwachen zu dürfen. Mancherorts findet man liebevoll renovierte Höfe, die ihren Ursprung bewahren dürfen. Und manche finden gleich zur Gänze ein neues Zuhause, wo sie unverändert bleiben dürfen: im Museumsdorf Krumbach.

Bürgerspital, Bauernhöfe, Mühle und vieles mehr

Das Museumsdorf wurde ab 1974 rund um das Bürgerspital aus dem Jahr 1571 angelegt. Dieses kreuzförmige Bauwerk wurde als Altenheim für sechs Männer und sechs Frauen der Burgbediensteten von Erasmus von Puchheim gestiftet, mit einer Gebetsverpflichtung in der Kapelle bis ins Jahr 1910. Heute ist hier das Heimatmuseum untergebracht, zusätzlich wird es auch für Adventmärkte, die Kapelle für Maiandachten genutzt. Gegenüber liegt der „Fuchs’sche Hausstock“, der Wohnteil eines alten Bauernhofes aus Zöbersdorf. Er war vor knapp 50 Jahren das erste Gebäude, das den Grundstock zum heutigen Museumsdorf bildete. Auf Initiative des Gemeindesekretärs Kapfenberger wurde das Holzhaus damals vor dem Abriss bewahrt und 1975 an der heutigen Stelle wiederaufgebaut. Im Inneren befinden sich eine Wohnstube, eine Rauchküche und ein ehemaliger Gesindeschlafraum, in dem nun Leinwandverarbeitung und -erzeugung gezeigt werden. Ein regionstypischer Schüttkasten in Holzblockbauweise hat heute eine „Mostgalerie“ eingerichtet, wo im Zuge von Führungen Moste, Edelbrände und Liköre verkostet werden können. In einer oberschlächtigen Mühle mit Mühlrad ist eine Leinenstampfe untergebracht, in der früher Leinöl gepresst wurde. Im sogenannten Ausstellungsstadel finden immer wieder Veranstaltungen wie etwa Mostheurigen statt.

Der jüngste Zugang ist zugleich der älteste: Das rund 500 Jahre alte, einst zur Herrschaft Krumbach gehörende und seit 1949 unbewohnte Bauerngehöft „Tannbauer“ übersiedelte in einer spektakulären Rettungsaktion vom Fuß des Schlossbergs in das Dorf, um seinem fast schon sicheren Verschwinden zu entgehen. Der Hof ist das einzige weit und breit noch erhaltene Wohnspeicherhaus, einer ab dem Spätmittelalter bis zu Beginn des 20. Jahrhundert regionstypischen bäuerlichen Wohnform. Dieses ehemalige Wirtschaftsgebäude aus der Zeit der Herrschaft der Puchheimer wurde 2016 an seinem ursprünglichen Standort abgebaut, im Museumsdorf origi-nalgetreu rekonstruiert und seit dem Frühling 2020 für Besucher zugänglich gemacht. Das Besondere am Tannbauern ist, dass sich das Gebäude über viele Jahrhunderte veränderte und mehrmals erweitert wurde. Dies ergaben wissenschaftliche Untersuchungen, die den Abbau und Wiederaufbau des Gehöftes begleiteten. Die verschiedenen Entwicklungsschritte wurden mit einer Ausstellung im Gebäude nachvollziehbar gemacht. Besonderheiten im Tannbauern sind die Rauchkuchl, die verschiedenen Speicherräume und die Stube in Blockbauweise aus dem Jahr 1763 mit einem Kachelofen inklusive „Kienleuchte“ zum Abbrennen von Kienspänen.

Vielfältiges Leben im Museumsdorf

Und auch wenn es Museumsdorf heißt, geht es dort nicht nur museal, sondern auch sehr lebendig zu: Highlights im Veranstaltungskalender sind jedes Jahr der Oster- und der Adventmarkt, bei denen bis zu 40 Aussteller in den Räumlichkeiten und am Freigelände regionale Produkte und Spezialitäten sowie Kunsthandwerk anbieten. Mehrmals im Jahr findet auch ein Buschenschank im Museumsdorf statt, aktuell etwa vom 3. bis 12. Mai. Außerdem finden Hochzeitspaare im idyllischen Ambiente der alten, gemütlichen Gebäude eine perfekte Location für ihre standesamtliche, kirchliche oder freie Trauung. Sowohl outdoor zum Beispiel am Platz vor dem Tannbauern als auch indoor bei Schlechtwetter bieten sich viele Möglichkeiten. Wer nun neugierig geworden ist und das Dorf, in dem die Zeit ein wenig stillstehen, darf besuchen möchte, der kann die historischen Gebäude wieder ab dem 1. Mai und bis zum 26. Oktober jeweils am Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 14 bis 18 Uhr besichtigen. Auch Gruppenführungen unter der Woche (ab 10 Personen) sind bei Anmeldung unter der Tel. Nr. 02647/42238-20 möglich.

Aufruf: 
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