Nahversorger „Nah und Frisch“ in Walpersbach / Fotos: Schwendenwein (2)
Was man an ihnen hat, wissen viele Menschen erst zu schätzen, wenn sie nicht mehr da sind: Nahversorger. Dabei übernehmen sie eine wichtige Funktion im sozialen Gefüge, wie die Beispiele aus der Buckligen Welt zeigen.
Österreich gilt zwar als das europäische Land mit der höchsten Supermarktdichte, laut RegioData gibt es aber bundesweit in knapp einem Drittel aller Gemeinden keinen Anbieter mit Vollsortiment mehr. Zahlreiche Studien belegen allerdings, dass Nahversorger ein wesentliches Element sind, um soziale Teilhabe zu fördern und Einsamkeit entgegenzuwirken. Das hat nicht zuletzt die Corona-Pandemie gelehrt. „Der Grund dafür ist der Verlust von anderen derartigen Möglichkeiten. Gasthäuser und Bank-Filialen sperren zu und die Vereine werden immer weniger, weil sich viele Menschen aus der Öffentlichkeit zurückziehen“, analysiert Josef Hruby, Obmann des Vereins „Unser G’schäft“ in Walpersbach.
Märkte zu Fuß erreichen
Umso wichtiger seien die tägliche Werbung durch zufriedene Kunden und die Aktionen zur Belebung des Ortsgeschehens wie ein Punschstand im Winter oder das Geburtstagsfest für das Nah&Frisch-Geschäft im Sommer. Aber auch Vertreter des öffentlichen Lebens müssten selbst den Nahversorger im Ort nutzen.
Ähnlich sieht das Unternehmer Martin Köck aus Kirchberg: „Jedes Unternehmen, das in einem Dorf wirtschaftet, leistet einen wesentlichen Beitrag zu dessen Entwicklung, ob Hotel, Zimmerei, Landwirtschaft, Friseursalon, Wirtshaus, Planungsbüro. Ich würde da nicht groß unterscheiden. Eine bunte Wirtschaft im Dorf ist die Grundlage für eine Spirale nach oben.“ Er weiß, wovon er spricht, denn er führt seinen Familienbetrieb in Kirchberg am Wechsel – einen Sparmarkt und ein Trachten-Mode-Haus – bereits in der dritten Generation.
Obmann Josef Hruby
Gegen hohe Regulierung
Köck hinterfragt kritisch, „wieso die Länder einerseits Förderungen für die Ortskernentwicklung ausgeben, auf der anderen Seite aber immer noch Märkte bewilligen, die niemand zu Fuß erreichen kann.“ Das ist wichtig, weil sich die Gesellschaft verändert hat: Die Lebensgestaltung wird immer individueller, Haushalte werden immer kleiner und die Bevölkerung altert. Wer auf das Auto angewiesen ist, greift schneller auf Online-Angebote zurück. Um dem Abhilfe zu schaffen, werde man in Zukunft an Hybridlösungen – etwa am Vormittag mit Personal, nachmittags als Selbstbedienungsladen mit Kartenzahlung – nicht vorbeikommen, räumt etwa Josef Hruby ein. Das widerspreche teilweise zwar dem Gedanken des Kommunikationszentrums, sei aber auf lange Sicht ein Lösungsansatz, um Kosten zu senken.
Martin Köck kennt das Problem: „Der stationäre Handel ist völlig durchreguliert. Die Anzahl der Parkplätze, die Breite der Gänge, die Beleuchtung der Fluchtwegsbeschilderung, die Qualität der Produkte“, schildert er und stellt gegenüber: „Im Onlinehandel stehen sich die amerikanischen und chinesischen Konzerne mit dem Colt gegenüber und schauen, wer schneller zieht; wie im Wilden Westen.“
Er plädiert deshalb dafür, dass auf politischer Ebene Bedingungen für einen fairen Wettbewerb geschaffen werden. Er weiß: „Da ist viel zu tun, denn es erfordert einen kompletten Umbau des Steuersystems.“ Am Ende zähle aber das Ergebnis. Köck meint: „Alle, die sich dafür entscheiden, ihr Geld im Dorf auszugeben, leisten einen wesentlichen Beitrag zur Ortsentwicklung.“