Das Schloss Eichbüchl im Jahr 1945. Hier wurde am 7. April 1945 fortgesetzt, was wenige Tage zuvor in Hochwolkersdorf begonnen wurde. Die Grundsteinlegung für die Zweite Republik / Foto: Sammlung Hannelore Handler-Woltran (2); Sammlung Johann Hagenhofer; Schwendenwein
Ein Schloss auf einem grünen Hügel, hinter ihm geht die Sonne auf: Diese Darstellung prägt die Katzelsdorfer Identität, ist sie doch im 1983 verliehenen Gemeindewappen festgehalten. Symbolisiert werden das Schloss Eichbüchl, das bis heute im Rosaliengebirge thront, und die aufgehende Sonne, die für die Wiedererstehung der Republik Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg steht. Mehr als das drückt diese Darstellung aber auch aus, wie bedeutend die Region Bucklige Welt und insbesondere die Gemeinde Katzelsdorf vor 80 Jahren für die Gründung der Zweiten Republik gewesen war.
Katzelsdorf, 1. April 1945: Es ist Ostersonntag. Am späten Nachmittag marschiert ein Panzerkorps der Sowjetunion in der Leithagemeinde ein. „In Katzelsdorf selbst war kein Widerstand, da der Volkssturm nicht wollte und Soldaten waren nicht mehr viele hier“, liest man dazu später in der Schulchronik. Als wenige Tage zuvor der nahende Einmarsch der Roten Armee verkündet worden war, zog die Wehrmacht ab. Die Bekleidungskammer im Turnsaal des Klosters (heute: Klemens-Maria-Hofbauer-Gymnasium) steckten die Soldaten in Brand. Auch im Schloss Katzelsdorf und in dem zugehörigen Gutshof zog die Wehrmacht alles ab, was dort jahrelang aufgebaut worden war. Konkret: das größte Pferdelazarett mit 27 Stallungen, 50 Boxen und etlichen Operationssälen. Zeitzeugen erinnern sich daran, wie die Bevölkerung die Zucker- und Karottenvorräte aus dem Lazarett plünderte, um sich selbst zu versorgen.
Leer bleiben die ehemaligen Einrichtungen der Wehrmacht jedoch nicht. Die Rote Armee quartiert sich dort ein und stellt verschiedene Wachposten im ganzen Ort auf.
Besonders bewacht wird das Schloss Eichbüchl. Es liegt in einer Sackgasse und ist leicht abzuschirmen. Am 7. April 1945 bringen die Sowjets Karl Renner nach Eichbüchl. Er hat wenige Tage zuvor in Hochwolkersdorf das Telegram erhalten, in dem Stalin ihm sein Vertrauen ausspricht. In der Abgeschiedenheit des Rosaliengebirges arbeitet er schließlich die Grundstruktur für die Zweite Republik aus, auch bekannt als die „Eichbüchler Aufzeichnungen“.

Karl Renner bleibt bis 20. April 1945. In dieser Zeit erhält er den Auftrag, sich um die Bildung einer provisorischen österreichischen Staatsregierung zu bemühen. Zeitzeugen erzählen später die Anekdote, dass der damalige Wiener Neustädter Bürgermeister, Rudolf Wehrl, zu diesem Zwecke eine Schreibmaschine, verpackt in einem Rucksack, von Wiener Neustadt nach Eichbüchl getragen habe.
Außerdem empfängt der spätere Kanzler den Katzelsdorfer Rudolf Höller – und ernennt ihn zum Bezirksschulinspektor von Wiener Neustadt. Renner beauftragt Höller damit, den Schulbetrieb wiederaufzunehmen – eine weitere Weichenstellung für das zukunftsreiche Österreich.
Hannelore Handler-Woltran hat die Geschichte für Katzelsdorf im Buch „Die Jahre 1938 bis 1945 in Katzelsdorf“ festgehalten. Sie erklärt, warum es trotz dieser historischen Ereignisse kein Renner-Museum in Katzelsdorf gibt. „Das hatte vermutlich parteipolitische Gründe. Sowohl Hochwolkersdorf als auch Gloggnitz waren eher sozialdemokratisch geprägt und errichteten dem Sozialdemokraten Dr. Renner ein Denkmal. In dem von der Volkspartei dominierten Katzelsdorf getraute man sich das nicht, da das Verhalten des Dr. Renners lange Zeit kritisch, weil vermeintlich sowjetfreundlich eingestuft wurde.“








