Bürgermeister Michael Nistl / Foto: Rehberger
Katzelsdorf: So „tickt“ der jüngste Bürgermeister der Buckligen Welt
Anfang März übernahm Michael Nistl die Gemeindeführung in Katzelsdorf von Hannelore Handler-Woltran (der „Bote“ hat berichtet). Damit ist er nicht nur neuer Ortschef in einer der größten Gemeinden der Buckligen Welt, sondern auch jüngster Bürgermeister der Region. Der 35-Jährige ist aber eigentlich ein „alter Hase“ im Politzirkus. Seine aktuell wichtigsten Projekte sind der Hochwasserschutz, eine Lärmschutzwand und kürzere Wartezeiten beim Bahnübergang bei der Sägewerksiedlung, betreutes Wohnen, junges Wohnen, ein neuer Standort für den Bauhof, ein verbessertes Bürgerservice und mehr Bürgerbeteiligung. Wir wollten wissen, was der neue Bürgermeister vorhat.
Bote aus der Buckligen Welt: Was wollten Sie als Kind werden?
Bürgermeister Michael Nistl: Auf jeden Fall etwas Soziales, etwas, wo ich Menschen helfen kann bzw. mit Menschen zu tun habe. Schon als Kind wollte ich das. Für mich war der Bereich Gesundheit interessant, oder die Gastronomie.
Bote: Wie hat sich das in Ihrer Ausbildung bemerkbar gemacht?
Nistl: Ich habe die HLW in Wiener Neustadt gemacht, weil ich zunächst Koch werden wollte. Das Interesse hat sich aber doch gewandelt, und nach der Matura habe ich die Möglichkeit bekommen, im Büro von Wolfgang Sobotka zu arbeiten. Er war damals Landesrat und für Umwelt und Gesundheit zuständig, und da war ich im „Gesünder Leben“-Büro tätig.
Bote: Sie waren zehn Jahre lang parlamentarischer Mitarbeiter von Nationalrat Hans Rädler. Was waren da Ihre prägendsten politischen Erfahrungen?
Nistl: Ich war von Anfang an bei der Entstehung der Therme Linsberg dabei. Das war natürlich sehr spannend. Welche Schwierigkeiten gibt es da und wie werden diese beseitigt. Das hat mir einfach imponiert und auch gezeigt: Wenn du etwas erreichen möchtest und ein Ziel hast, ist das auch erreichbar. So hat mir die politische Arbeit dann noch besser gefallen. Weil ich gesehen habe, dass man wirklich etwas bewegen kann.
Bote: Wie würden Sie Ihren politischen Stil beschreiben?
Nistl: Ich habe – und das war mein Glück – über viele Jahre die verschiedensten politischen Persönlichkeiten kennenlernen dürfen. Jeder Politiker hat seinen eigenen Stil, und ich habe geschaut, dass ich mir für mich überall das Beste raushole. Dort, wo es um die Sache geht, muss man dynamisch vorangehen. Manches Mal auch gegen Widerstand, etwa wenn es um wichtige Projekte geht und etwas passieren muss. Denn einer muss die Entscheidung treffen und dahinterstehen. Aber auch das Soziale darf bei mir nicht zu kurz kommen. Diese beiden Komponenten, das Dynamisch-Soziale will ich verbinden.
Bote: Was gefällt Ihnen an der Politik am besten?
Nistl: Dass man Menschen helfen kann.
Bote: Was gefällt Ihnen an der Politik überhaupt nicht?
Nistl (überlegt lange): Wenn nur gestritten wird und es nicht um die eigentliche Sache geht. Aber wir haben in Katzelsdorf einen guten Start gehabt. Gerade in einer Gemeinde ist es wichtig, dass man zusammenarbeitet.
Bote: Sie planen, viele Hausbesuche bei den Katzelsdorfern zu machen und eine Bürgerbeteiligungs-Card einzuführen, um zu hören, was die Bevölkerung will. Sind sie ein Fan der direkten Demokratie?
Nistl: Grundsätzlich schon, ja.
Bote: Wäre es für Sie denkbar, bei wichtigen Themen in Ihrer Gemeinde abstimmen zu lassen?
Nistl: Bei ganz großen Themen schon. Es muss ein Thema sein, das viele bewegt und das polarisiert. Meistens wird aber das, was wir vorhaben – etwa der Hochwasserschutz – ohnehin positiv gesehen. Überall wo es größere Konflikte oder Spannungen geben könnte, sehe ich das als durchaus sinnvoll, wenn man die Bevölkerung befragt.
Bote: Katzelsdorf ist eine starke Wachstumsgemeinde. Nicht nur aus Wiener Neustadt, sondern auch aus dem Raum in und rund um Wien kommen viele neue Gemeindebürger. Gibt es Initiativen, wie man „alte“ und „neue“ Katzelsdorfer zusammenbringt, um das Dorfleben aktiv zu halten?
Nistl: Es gibt etwa einmal im Jahr den „Neubürgerabend“ wo alle eingeladen werden. Da wird die Gemeinde vorgestellt. Was ich außerdem noch intensivieren will, ist, dass ich die neu Zugezogenen besuche und mit ihnen spreche. Einfach um mich und die Gemeinde vorzustellen und sie zu informieren, was es in Katzelsdorf alles gibt.
Bote: Katzelsdorf ist direkter Nachbar von Wiener Neustadt, wo sich derzeit einiges bewegt. Wie ist Ihr Kontakt zum Bürgermeister?
Nistl: Der ist wirklich sehr gut. Erst kürzlich hatten wir wieder einen gemeinsamen Termin, wo wir diverse Kooperationen besprochen haben. Etwa auch im Hinblick auf die Landesausstellung 2019.
Bote: Was plant Katzelsdorf konkret zur Landesausstellung?
Nistl: Wir haben das Glück, dass wir – im Gegensatz zu vielen anderen Gemeinden, wo jetzt erst etwas aufgebaut werden muss – schon vor vielen Jahren investiert zu haben. Nicht nur kulturell in die Zinnfigurenwelt, sondern auch gastronomisch, wo Katzelsdorf sehr gut aufgestellt ist. Diese Kombination aus Museum und gutem Essen möchten wir im nächsten Jahr auch einer größeren Öffentlichkeit entsprechend präsentieren.
Bote: 2020 ist die nächste Gemeinderatswahl. So lange haben Sie jetzt Zeit, den Katzelsdorfern Ihre Fähigkeiten als Bürgermeister unter Beweis zu stellen. Wie werden Sie diese Zeit nutzen?
Nistl: Zunächst werde ich einfach da sein für die Bürger. Das fängt schon mit den Hausbesuchen an. Aber es wird auch viele kleine Projekte geben, zumindest eines pro Monat. Das können auch kleinere Dinge sein wie aktuell die neuen Zäune beim Kindergarten und der Volksschule. Über diese Aktivitäten will ich ganz transparent berichten, aber auch zeigen, dass viel und sinnvoll gearbeitet wird – mit klarer Zielsetzung, klaren Prioritäten und im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten.
Bote: Sie sind der jüngste Bürgermeister der Buckligen Welt. Setzt die ÖVP jetzt nur mehr auf die Jungen?
Nistl: Nein, das glaube ich nicht. Das muss sich so ergeben. Ich bin auch schon seit 2007 im Gemeinderat, war zuletzt Vizebürgermeister, und mir bereitet die Arbeit für meine Gemeinde irrsinnig viel Freude. Das ist, glaube ich, das Entscheidende. Wenn man den Job des Bürgermeisters nicht mit Freude macht, sollte man es lassen. Da spielt aber das Alter keine Rolle.
Bote: Wann war für Sie der Gedanke da, dass Sie Bürgermeister werden wollen?
Nistl: Den konkreten Plan hatte ich eigentlich nie. Mir war immer wichtig, dass ich etwas für die Katzelsdorfer tun kann, unabhängig von meiner Position. Ob ich Jugendgemeinderat war, Geschäftsführender Gemeinderat oder Vizebürgermeister, das war mir nicht so wichtig wie das, dass ich wirklich etwas bewegen kann.
Bote: Mit dem Vorsatz, etwas bewegen zu wollen, gehen wohl die meisten in die Politik. Wie passt das mit der Realität zusammen? Konnten Sie schon etwas bewegen?
Nistl: Ich hatte schon als Jugendgemeinderat das Glück, dass ich viel erreichen konnte. Wir haben etwa das Jugendzentrum revitalisiert. Später gab es den Wunsch des Jugendsammeltaxis, und das haben wir eingeführt. Ein Beachvolleyballplatz wurde errichtet, Ausflüge, Tanzabende und vieles mehr organisiert. Darauf sind wir auch sehr stolz, dass wir gemeinsam mit den jungen Katzelsdorfern ihre Ideen umsetzen konnten.
Bote: Was sind Ihre besten Eigenschaften als Bürgermeister und was Ihre schlechten?
Nistl: Als schlechte Eigenschaft kann man vielleicht bezeichnen, dass ich, wenn ich etwas erreichen will, impulsiv bin und das auch ehest möglich umsetzen will. Am liebsten hätte ich dann alles gleich erledigt. Positiv finde ich, dass ich strukturiert und zielstrebig bin. Und bodenständig.
Bote: Wie würden Sie sich selbst beschreiben?
Nistl: Ich bin ein offener Typ, mit dem man auch Spaß haben kann. Und man kann sich zu 100 Prozent auf mich verlassen. Ich sage immer ehrlich, wenn etwas machbar ist, aber auch, wenn etwas nicht geht, damit keine falschen Erwartungen geweckt werden.
Bote: Nicht jeder Bürger kann mit allen Projekten, die der Bürgermeister umsetzen will, einverstanden sein. Würden Sie sich als kritikfähig bezeichnen?
Nistl: Absolut, das ist das Wichtigste im Weiterentwicklungsprozess. Ich will mich ja immer verbessern. Wenn man immer nur das Positive hört, kann man sich nicht verbessern. Ich bin in meinem eigenen Team über Feedback froh, aber auch über Rückmeldungen aus der Bevölkerung. Ich sehe das durchaus als positive Sache – wenn es sachliche Kritik ist.
Bote: Katzelsdorf ist Teil der Thermengemeinden. Was wäre für Sie ein wichtiges touristisches Projekt, das gemeinsam umgesetzt werden soll?
Nistl: Das ist der gemeinsame Rundwanderweg. Man kann überall einsteigen, findet auf einen Blick alle Gastronomiebetriebe, und alle machen mit. Das ist ein ganz wichtiges Projekt, um mehr Gäste in die Region und in die Thermengemeinden zu holen.
Bote: Wie viele Stunden hat Ihre Arbeitswoche derzeit?
Nistl: Ich bin täglich von 7 bis 22 Uhr im Einsatz und am Wochenende bei Veranstaltungen. Es macht mir aber wirklich Freude, und ich habe es mit ja selber so ausgesucht.
Politische und berufliche Stationen
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seit 2007 für die ÖVP im Katzelsdorfer Gemeinde rat, zunächst als Jugendgemeinderat, ab 2010 als Geschäftsführender Gemeinderat, ab 2015 als Vizebürgermeister
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Gründungsmitglied der JVP Katzelsdorf
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nach der HLA im Büro des damaligen Landesrats Wolfgang Sobotka tätig
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zehn Jahre parlamentarischer Mitarbeiter von Hans Rädler
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seit April 2017 Bundesorganisationsreferent des Österreichischen Zivilschutzverbands
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seit März 2018 Bürgermeister von Katzelsdorf