Ver­tre­ter des For­schungs­teams und der Gemein­de Bad Erlach bei der Prä­sen­ta­ti­on in St. Pöl­ten / Foto: Hruby

Jüdi­sche Geschich­te für Museumsbesucher

von | Jul 18, 2018 | Archiv

Geschichts­for­schung wird in der Regi­on Buck­li­ge Welt – Wech­sel­land ganz groß­ge­schrie­ben. Nun konn­te das For­schungs­pro­jekt zur jüdi­schen Geschich­te in St. Pöl­ten prä­sen­tiert werden.

Bereits in den ver­gan­ge­nen Jah­ren lief das zeit- und all­tags­ge­schicht­li­che For­schungs- und Bil­dungs­pro­jekt „Erleb­ba­re Geschich­te im Land der 1.000 Hügel“ unter der Lei­tung von Johann Hagen­ho­fer. Gro­ßes Augen­merk wur­de bei der Auf­ar­bei­tung der Geschich­te auf die Arbeit mit Zeit­zeu­gen gelegt.

Neben zahl­rei­chen Ver­an­stal­tun­gen, Prä­sen­ta­tio­nen und Arti­keln erschie­nen bis jetzt drei Regi­ons­bü­cher. Im Zuge der Auf­ar­bei­tung der Geschich­te der Regi­on stieß man immer wie­der auf ein beson­ders schwie­ri­ges The­ma: das Schick­sal der jüdi­schen Bevölkerung.

2016 star­te­te daher ein neu­es For­schungs­pro­jekt zu die­sem Schwer­punkt. Mit finan­zi­el­ler Unter­stüt­zung des Lan­des NÖ und der EU (Lea­der+) konn­te das neue Pro­jekt in Angriff genom­men wer­den. 26 Gemein­den nah­men dar­an teil. Ein 18-köp­fi­ges Team aus vor­wie­gend lokal ansäs­si­gen Hei­mat­for­schern hat unter der Lei­tung von Johann Hagen­ho­fer (Orga­ni­sa­ti­on), Gert Dressel (Oral Histo­ry) und Wer­ner Sulz­gru­ber (jüdi­sche Geschich­te) in loka­len und regio­na­len Archi­ven recher­chiert sowie Inter­views mit noch leben­den Zeit­zeu­gen durchgeführt.

Die Schluss­prä­sen­ta­ti­on des For­schungs­pro­jek­tes erfolg­te Ende Juni in der ehe­ma­li­gen Syn­ago­ge in St. Pöl­ten. Staats­se­kre­tä­rin Karo­li­ne Edt­stad­ler fand dabei Dan­kes­wor­te für das For­schungs­pro­jekt und sprach sich dafür aus, „ver­söhn­lich in die Zukunft zu schauen“.

Jüdi­sche Familien

Die Ergeb­nis­se des Pro­jek­tes kön­nen sich sehen las­sen, machen aber auch betrof­fen: Jüdin­nen und Juden, die sich in der Regi­on Buck­li­ge Welt – Wech­sel­land nie­der­lie­ßen, stamm­ten zumeist aus West­un­garn. Ansäs­si­ge Juden waren in der Regi­on vor­ran­gig als Kauf­leu­te tätig. Auch jüdi­sche Indus­tri­el­le hat­ten schon früh in der Regi­on Unter­neh­men auf­ge­baut. Schon Ende des 19. Jahr­hun­derts wur­de in Bad Erlach eine pri­va­te Syn­ago­ge errich­tet, auch in Krum­bach ent­stand ein pri­va­tes Bethaus.

Das Jahr 1938 und der Natio­nal­so­zia­lis­mus führ­ten zur Ent­rech­tung und Ver­fol­gung der jüdi­schen Bevöl­ke­rung der Regi­on. Alle Juden wur­den ver­trie­ben. Ihre Wege führ­ten sie in die gan­ze Welt. Von etwas mehr als 20 Pro­zent weiß man, dass sie über­lebt haben. Von den rund 250 Juden, die unmit­tel­bar vor 1938 in der Regi­on gelebt haben, weiß man, dass 20 Pro­zent in den Ver­nich­tungs­la­gern der Natio­nal­so­zia­lis­ten ermor­det wur­den. Bei mehr als der Hälf­te der Depor­tier­ten ist der Lebens­weg unbekannt.

Muse­um und  neu­es Buch

Die Ergeb­nis­se des For­schungs­pro­jek­tes wer­den im Rah­men der NÖ Lan­des­aus­stel­lung 2019 „Welt in Bewe­gung“ im Muse­um für Zeit­ge­schich­te in Bad Erlach gezeigt. Das ehe­mals jüdi­sche „Hacker­haus“ wur­de von der Markt­ge­mein­de Bad Erlach ange­kauft und wird der­zeit in ein Aus­stel­lungs- und Kul­tur­zen­trum umgewandelt.

Im Febru­ar 2019 wer­den die For­schungs­er­geb­nis­se in Buch­form veröffentlicht.