Rodeln bei der Grenz­kur­ve: Im win­ter­li­chen Gewand genos­sen die Damen und Her­ren eine Rutsch­par­tie zwi­schen Fried­berg und Aspang


Auf den Spu­ren der jüdi­schen Geschich­te in der Buck­li­gen Welt und im Wechselland

Ein For­schungs­team rund um Dr. Gert Dressel, Dr. Johann Hagen­ho­fer und Dr. Wer­ner Sulz­gru­ber hat das Leben der jüdi­schen Fami­li­en in der Regi­on erforscht. Die Ergeb­nis­se wer­den 2019 im Muse­um für Zeit­ge­schich­te in Bad Erlach präsent­iert. Der Bote aus der Buck­li­gen Welt bie­tet im Rah­men einer Serie schon jetzt einen Ein­blick in die span­nen­den Ergebnisse.


Im Rah­men der For­schungs­ar­bei­ten in der Buck­li­gen Welt und im Wech­sel­land zum Leben der jüdi­schen Bevöl­ke­rung in der Regi­on nimmt Mönich­kir­chen am Wech­sel eine Son­der­stel­lung ein. Hier waren es nicht die „Land­ju­den“, die sich nie­der­lie­ßen, son­dern zahl­rei­che Pro­mi­nen­te, die dem Win­ter­sport und der Som­mer­fri­sche frön­ten. Anton Eder begab sich auf Spu­ren­su­che und fand schil­lern­de Persönlichkeiten.

„Ehr­lich gesagt hat mich die­se Arbeit, obwohl ich ja kein His­to­ri­ker bin, son­dern Deutsch stu­diert habe und mich bis­her nur mit Anton Wild­gans beschäf­tigt habe, sehr in den Bann gezo­gen. ‚Das Schä­len der Zwie­bel‘ kommt einem da in den Sinn, weil sich auf ein­mal der Hei­mat­ort in einer unge­ahn­ten Viel­schich­tig­keit auf­tut. Und ich hab über­all offe­ne Ohren gefun­den und wur­de vor allem von Sei­ten der MG Mönich­kir­chen sehr unter­stützt“, erzählt Anton Eder von sei­nen Erfah­run­gen als Hobby-Forscher.

Anders als in vie­len ande­ren unter­such­ten Gemein­den der Regi­on, die im Rah­men der Aus­stel­lung „Mit ohne Juden“ im neu­en Muse­um in Bad Erlach sowie in einem eige­nen Buch prä­sen­tiert wer­den, sind es in Mönich­kir­chen nicht ein­zel­ne jüdi­sche Fami­li­en, die sich hier nie­der­lie­ßen und so ihre Spu­ren in der Gemein­de hinterließen. 

„Durch die Ent­wick­lung des Ortes vom ver­ges­se­nen Berg­dorf zu einem ange­sag­ten Ort für Som­mer­fri­sche und Win­ter­sport wer­den eine Rei­he von Pro­mis ange­zo­gen, ver­gleich­bar nur mit dem Sem­me­ring. Für die Ent­wick­lung des Win­ter­sports ist beson­ders ein Mann ver­ant­wort­lich, der spä­ter im Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger ermor­det wur­de: Kor­nel Hoff­mann. Er war offen­bar mit der öster­rei­chi­schen Ten­nis­grö­ße Rosl Kraus (Öster­rei­chi­sche Meisterin/​Wimbledonteilnehmerin) gut bekannt“, so Eder.

Pro­mi-Hot­spot

Im Rah­men sei­ner Nach­for­schun­gen fand er eini­ge bekann­te Namen, die Mönich­kir­chen zum High-Socie­ty-Hot­spot der Vor­kriegs­zeit machten. 

„Unter den Pro­mis fas­zi­nie­ren vor allem die aus dem Kunst­be­reich: Lil­ly Lie­ser, Freun­din von Alma Mahler, För­de­rin von Arnold Schön­berg und Alban Berg. Und Lil­ly Stei­ner, selbst Künst­le­rin, deren Fami­lie mit Adolf Loos, Karl Kraus und Egon Schie­le befreun­det ist. Da gibt es inter­es­san­te Spu­ren zu den größ­ten Künst­lern der Jahr­hun­dert­wen­de. Und noch eini­ges zu for­schen“, zeigt sich Eder begeistert.

Aber zurück zu sei­nen aktu­el­len For­schungs­er­geb­nis­sen: Das Geburts­jahr des „klei­nen Sem­me­rings“ fällt zwei­fels­oh­ne auf 1881, das Jahr der Fer­tig­stel­lung der Bahn­li­nie von Wien nach Aspang. Für Sport­ler ste­hen seit der Jahr­hun­dert­wen­de mar­kier­te Wan­der­we­ge, seit den 1920er Jah­ren sogar ein Ten­nis­platz bereit.  Ski­lau­fen, Ski­tou­ren und Rodel­fah­ren auf der Mönich­kirch­ner Alm und der „Pfar­rer Point“, einem Übungs­hang in der Nähe der Pfarr­kir­che,   zie­hen schon seit 1910 Win­ter­sport­ler an. 1922 wird Mönich­kir­chen aus der bis­he­ri­gen Ver­wal­tungs­ein­heit „Gro­ßes Amt Aspang“ aus­ge­glie­dert und eine selbst­stän­di­ge Gemein­de. Zu den zahl­rei­chen Gäs­ten gesel­len sich auch „Reich und Schön“. Wenig ver­wun­der­lich ist es da, dass poten­te Ver­tre­ter des jüdi­schen Groß­bür­ger­tums – vor­wie­gend aus der Tex­til­in­dus­trie – hier eini­ge Lie­gen­schaf­ten erwerben.

Ski- und Ten­nis­leh­rer Kor­nel Hoffmann

Ein tra­gi­sches Schick­sal erlei­det gera­de einer, der zen­tral in der Mönich­kirch­ner Gäs­te­be­treu­ung fun­giert: der jüdi­sche Ski- und Ten­nis­leh­rer Kor­nel Hoff­mann (1881 – 1942). Seit 1922 wohnt der in Ungarn gebo­re­ne Welt­kriegs­teil­neh­mer und Wie­ner Bank­be­am­te in Mönich­kir­chen. Nach dem Ver­lust sei­nes Arbeits­plat­zes wen­det er sich dem Sport zu. Er dürf­te wohl als der ers­te staat­lich geprüf­te Ski­leh­rer in Mönich­kir­chen anzu­se­hen sein, denn 1930 tritt er als Mit­be­grün­der der „Ver­ei­ni­gung der staat­li­chen Berufs­ski­leh­rer von Wien und Nie­der­ös­ter­reich“ in Erscheinung.

Anton Eder hat im Zuge sei­ner Recher­chen vie­le Details über das Leben des Sport­lers her­aus­ge­fun­den. Auf Mönich­kir­chen wird er wahr­schein­lich durch einen lang­jäh­ri­gen Gast, sei­nen Onkel, den Bank­di­rek­tor Dr. Lud­wig Blau­horn, auf­merk­sam. 1922 über­nimmt er gegen eine Kau­ti­on von 1.000.000 Kro­nen und zahl­rei­che Auf­la­gen vom Schnei­der­meis­ter Johann Janisch und sei­ner Frau Emi­lie des­sen Gäs­te­haus, die „Janisch­hüt­te“. Somit ist ein Ein­kom­men einer­seits durch die Ver­mie­tung von Gäs­te­zim­mern, ande­rer­seits durch das Ertei­len von Ski­un­ter­richt (ein Tag um zwei Schil­ling) gesi­chert, zumal auch noch Ali­men­te für sei­nen unehe­li­chen Sohn Erwin Cor­nel Lack­ner (*1927) in Bad Ischl zu bezah­len sind.

Er ist beliebt und hat im Ort einen guten Stand. Kri­ti­sche Stim­men behaup­ten aber auch, er habe sich zu sehr in Orts­an­ge­le­gen­hei­ten hineingedrängt.

Als mit dem „Anschluss“ in Mönich­kir­chen „Juden uner­wünscht“ wer­den, muss Hoff­mann sein Gäs­te­haus „ver­kau­fen“. Spä­ter erhält er Orts­ver­bot, wird in sei­ner Wie­ner Woh­nung ver­haf­tet, nach Minsk depor­tiert und am 4. Sep­tem­ber 1942 in Maly Tros­ti­nec ermordet.