Leser­brief / Foto: L.Klauser — adobe.stock.com

Der Leser­brief in unse­rer April-Aus­ga­be unter dem Titel „Schu­le im Auf­bruch oder wenn das Unter­rich­ten ver­nach­läs­sigt wird!“ hat für Auf­se­hen gesorgt. Hier ein Aus­zug der Reak­tio­nen unse­rer Leser.


Zum Leser­brief im April-Boten zum The­ma „Schu­le im Auf­bruch“ muss ich als Regi­ons­ob­mann Stel­lung neh­men, weil ja die LEA­DER-Regi­on der­zeit die Platt­form für das Pro­jekt „Bil­dung wächst“ bil­det, wo auch neue Ansät­ze Platz haben, die von Pädagogen/​Pädagoginnen ein­ge­bracht wer­den. Pau­schal zu sagen, dass alle, die neue Metho­den ein­set­zen, das Unter­rich­ten ver­nach­läs­si­gen, ist eine Belei­di­gung für alle, die sich trau­en, Neu­es zu pro­bie­ren. Wenn Schü­ler in der 2. Klas­se Volks­schu­le Defi­zi­te im Schrei­ben, Lesen und Rech­nen haben, dann muss das über­haupt nichts mit den neu­en Metho­den zu tun haben; es gibt auch im „alten“ Sys­tem genü­gend Kin­der mit die­sen Defiziten!

Das Pro­jekt „Bil­dung wächst“ soll ja Anstoß für Dis­kus­si­on sein, um neue Wege des Ler­nens und der Wis­sens­ver­mitt­lung zu ent­wi­ckeln. Die­se wer­den wir auch brau­chen, wenn wir im 21. Jahr­hun­dert ankom­men wol­len. Die Zukunfts­for­scher pro­phe­zei­en uns eine radi­ka­le Ver­än­de­rung der Gesell­schaft und der Arbeit. Wenn nur ein Teil davon ein­tritt, dann brau­chen wir drin­gend neue Ansät­ze in der Bil­dung unse­rer Jugend. Unab­hän­gig von den Unter­richts­me­tho­den sind Kin­der heu­te im Ver­hal­ten und in der Auf­nah­me­fä­hig­keit nun ein­mal anders als vor 20, 30 Jah­ren; und es haben sich auch die Eltern und das pri­va­te Umfeld der Kin­der stark ver­än­dert.  Die gro­ße Fra­ge ist, was unse­re Kin­der ler­nen sol­len, um die Zukunft zu bewäl­ti­gen. Gott sei Dank pro­vo­zie­ren die Zukunfts­for­scher in ihren Aus­sa­gen, wie auch Richard D. Precht schon öfters for­mu­liert hat: „80 % von dem, was unse­re Kin­der heu­te ler­nen, ist in 10 – 15 Jah­ren Schrott!“ Ich selbst bin auch der Mei­nung, dass Lesen, Schrei­ben und Rech­nen wich­tig sind; sie wer­den aber an Bedeu­tung ver­lie­ren im Zuge der Digi­ta­li­sie­rung und künst­li­chen Intel­li­genz, ob es einem passt oder nicht! 

Wich­tig wird für die Zukunft sein: Krea­ti­vi­tät, Haus­ver­stand, Ver­ant­wor­tung über­neh­men und sozia­le Kom­pe­ten­zen wie Team­fä­hig­keit und Wert­schät­zung – alles, was nicht durch Com­pu­ter ersetzt wer­den kann! Mit den Mit­teln der ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te wer­den wir die Zukunft nicht meis­tern. Die Welt der Arbeit wird sich in einem Tem­po ver­än­dern, das wir momen­tan noch gar nicht mit­be­kom­men! Aber die öster­rei­chi­sche See­le hängt an alten Struk­tu­ren und Metho­den und schiebt die bestehen­den Pro­ble­me immer den Neue­run­gen zu, so nach Nes­troy: „Die Welt steht eh nim­mer lang!“

Neue Ansät­ze brau­chen immer auch kon­struk­ti­ve Kri­tik, aber pau­schal alle run­ter­zu­ma­chen, die sich etwas Neu­es trau­en, fin­de ich sehr befremd­lich. Wir laden ger­ne alle ein, ihre Kri­ti­ken und The­men im Pro­jekt ein­zu­brin­gen, aber sich auch im Detail anzu­schau­en, was die „neu­en“ Metho­den zu bie­ten haben! 

Regi­ons­ob­mann Fritz Trimmel 


Lie­be Redaktion!

Ich gra­tu­lie­re zur Ver­öf­fent­li­chung des Leser­brie­fes zum The­ma „Schu­le im Aufbruch“!

Ich kann der Leh­re­rin nur zustim­men. Sämt­li­che Punk­te, die sie beschreibt, habe ich selbst mit mei­nem Sohn (jetzt 4. Klas­se VS) erlebt.

Die meis­ten Kin­der bräuch­ten Füh­rung und Struk­tur! Wenn aber das Kind mit der enor­men Frei­heit und selb­stän­di­gen Ein­tei­lung von Auf­ga­ben noch nicht umge­hen kann, bekommt man rasch ver­mit­telt, dass das Kind nicht passt! Mein Sohn soll­te sich in der 2. Klas­se eine Ansamm­lung von Auf­ga­ben auf Arbeits­blät­tern und Num­mern im Buch für 20 Schul­ta­ge ein­tei­len! (Das sind 4 Wochen!) Es kam auch vor, dass er sich Auf­ga­ben aus­ge­sucht hat, zu denen der Stoff noch gar nicht gelehrt wur­de – ich habe das dann „ger­ne“ für die Schu­le übernommen.

Lehr­in­hal­te wer­den nicht gefes­tigt – ich kann nur zustim­men! Ich weiß nicht, wie vie­le Stun­den ich zusätz­lich zu Hau­se damit ver­bracht habe, Stoff erneut zu erklä­ren und zu üben. Zeit­wei­se hat­te ich den Ein­druck, dass mein Sohn zwei­mal unter­rich­tet wird, Vor­mit­tag und Nach­mit­tag. Und das liegt sicher nicht an den man­geln­den Fähig­kei­ten mei­nes Soh­nes, denn ich weiß, dass ich nicht die ein­zi­ge Mut­ter bin, die das so macht.

Es wird von den Ver­tre­tern von Schu­le im Auf­bruch behaup­tet, dass man stark indi­vi­dua­li­siert und damit den Kin­dern bes­ser ent­ge­gen­kommt. Mei­ne Mei­nung nach fast 4 Jah­ren Volks­schu­le ist: Das Kind hat sich an die Lehr­me­tho­de anzu­pas­sen, sonst fällt es durch den Rost! Es ist immer das Kind, das nicht passt, denn die Lehr­me­tho­de ist ja super!

Das ist aber in einer Volks­schu­le, wo die Grund­aus­bil­dung erfol­gen soll, unan­ge­bracht und kei­ne Indi­vi­dua­li­sie­rung! Die Kin­der sind die Kun­den, und die Lehr­kraft hat die­sem Kun­den gegen­über eine Leis­tung zu erbrin­gen! Da brau­che ich nicht hören: „… tja, ich wer­de mei­ne Art, zu unter­rich­ten, nicht ändern …“ 

Eigent­lich bin ich FÜR Neue­run­gen, die ja oft Ver­bes­se­run­gen brin­gen. Auch weiß ich, dass Ver­än­de­run­gen nicht über Nacht gesche­hen. Was mich an die­sem Kon­zept so stört, ist, dass es so über alle Schü­ler aus­ge­schüt­tet wird – mit dem Argu­ment, es ist das Bes­te für alle! Nein, eben nicht. Es ist das bes­te für ein paar Kin­der (die­se soll­ten es auch bekom­men), aber eben für vie­le nicht! Hier steht nicht das Kind im Mit­tel­punkt, son­dern das Bemü­hen, einen soge­nann­ten Erfolg übers Knie zu bre­chen. Scha­de, denn das geht zu Las­ten der Kinder!

Mit freund­li­chen Grü­ßen 
Susan­ne S.


Leser­brie­fe trans­por­tie­ren aus­schließ­lich die Mei­nung der Absen­der und ent­spre­chen nicht not­wen­di­ger­wei­se der Mei­nung des Ver­lags bzw. der Redak­ti­on. Wir behal­ten uns vor, aus Platz­grün­den Kür­zun­gen vor­zu­neh­men. Leser­brie­fe bit­te an: redaktion@​bote-​bw.​at