Foto: Reh­ber­ger

Im Juni über­gab Bad Erlachs Bür­ger­meis­ter Johann Räd­ler sein Natio­nal­rats­man­dat an den Wie­ner Neu­städ­ter Vize­bür­ger­meis­ter Chris­ti­an Sto­cker. Wir spra­chen mit ihm über die letz­ten 19 Jah­re im Natio­nal­rat, sei­ne bei­na­he 20 Jah­re als Bür­ger­meis­ter und wel­che Visio­nen er in sei­ner Hei­mat­ge­mein­de noch umset­zen will.

Bote: Sie haben im Juni Ihr Natio­nal­rats­man­dat an Wie­ner Neu­stadts Vize­bür­ger­meis­ter Chris­ti­an Sto­cker über­ge­ben. War das von Anfang an so geplant, oder war das eine über­ra­schen­de Entscheidung?

Bgm. Johann Räd­ler: Bei­des. Geplant hat­te ich, nächs­tes Jahr im Febru­ar, nach den Gemein­de­rats­wah­len, mein Amt an Chris­ti­an Sto­cker zu über­ge­ben. Durch die Neu­wah­len hat sich das jetzt geän­dert. Nächs­tes Jahr wer­de ich 68 Jah­re alt, war 19 Jah­re im Par­la­ment, und der Wahl­kreis ist einer der größ­ten. Daher ist auch der Betreu­ungs­auf­wand, wenn man die Auf­ga­be ernst nimmt, sehr hoch. Und ich bin über­zeugt, auch vor Ort ist noch Arbeit genug vorhanden.

Bote: Wie hat sich die poli­ti­sche Kul­tur in den letz­ten knapp 20 Jah­ren verändert?

Räd­ler: Für mich war die Zeit der gro­ßen Koali­ti­on sehr unglück­lich. Das war ein stän­di­ger Abtausch der bei­den Groß­par­tei­en, und für mei­nen Geschmack gab es zu weni­ge Impul­se, son­dern immer nur Kom­pro­mis­se. Für mich war die letz­te Regie­rung bei­spiel­ge­bend, dass man etwas wei­ter­brin­gen kann, und es ist scha­de dar­um, dass es zer­bro­chen ist. End­lich sind Struk­tu­ren auf­ge­bro­chen, und man hat wie­der Mut gezeigt.

Bote: Was ist Ihnen durch den Kopf gegan­gen, als Sie das „Ibi­za-Video“ gese­hen haben?

Räd­ler: Mir war sofort klar, dass das das Aus für Stra­che und Gude­nus bedeu­tet. Das, was man da gese­hen hat, ist Poli­tik der Ver­gan­gen­heit in sei­ner schlimms­ten Form. Dass es auch das Aus für die Regie­rung bedeu­tet, war mir nicht sofort klar.

Bote: Sie haben von man­geln­den Impul­sen gespro­chen. Sie gel­ten in der Regi­on als ein star­ker Impuls­ge­ber, und das wird nicht immer nur posi­tiv auf­ge­nom­men. Müs­sen sich die Men­schen in der Regi­on jetzt „fürch­ten“, weil Sie jetzt mehr Zeit für Ihre Visio­nen vor Ort haben?

Räd­ler: Visio­nen kom­men immer wie­der, wenn man ein Ziel sieht, das eine Gemein­de oder Regi­on posi­tiv beein­flus­sen kann. Es gibt zwei Arten der Reak­ti­on dar­auf. Die einen, die noch in ihrem Kirch­turm­den­ken ver­haf­tet sind und sagen, alles pas­siert nur in Bad Erlach. Und dann gibt es die ande­ren, die durch die­se Ideen und Visio­nen mit­ge­ris­sen wer­den. So hät­te es etwa den Golf­platz in Lan­zen­kir­chen nicht gege­ben, viel­leicht wür­de heu­te noch der NÖ Hof leer ste­hen. Die Arbeits­plät­ze beim Lebens.Med Zen­trum und bei der neu­en Kin­der-Reha kom­men ja Men­schen aus der gan­zen Regi­on zugu­te und nicht nur den Bad Erla­chern. In die­ser Hin­sicht sind Visio­nen schon sehr posi­tiv. Auf der ande­ren Sei­te gibt es natür­lich auch immer Nei­der und Kon­kur­ren­ten. Klar ist aber, dort, wo man Initia­ti­ven setzt, dort wird auch Geld hin­flie­ßen. Und bei jenen Bür­ger­meis­tern, die mei­nen, es fließt alles nach Bad Erlach, muss man sich fra­gen: Wo sind ihre Visionen?

Bote: Im Jän­ner 2020 sind Gemein­de­rats­wah­len. Sie sind dann rund 20 Jah­re Bür­ger­meis­ter von Bad Erlach. Tre­ten Sie wie­der an, oder sind Sie jetzt fer­tig mit der Politik?

Räd­ler: Ich habe mir nie vor­stel­len kön­nen, dass ich 20 Jah­re Bür­ger­meis­ter blei­be. Aber die Zeit ist unheim­lich schnell ver­gan­gen, und ich wer­de sicher­lich noch­mal zur Wahl antreten.

Bote: Was haben Sie noch vor in Bad Erlach?

Räd­ler: Es ist noch eini­ges zu tun. In Kür­ze wird die Kin­der-Reha fer­tig, und dann wer­den die Infra­struk­tur im Ort und die Lebens­qua­li­tät als Haupt­zie­le in den nächs­ten fünf Jah­ren im Zen­trum ste­hen. Wir wol­len im Zen­trum einen Haupt­platz schaf­fen, um mehr Lebens­qua­li­tät und Ruhe in den Ort zu brin­gen. Es gibt auch einen Plan für eine Ver­kehrs­be­ru­hi­gung, die wir umset­zen wer­den, ent­spre­chend einer Gemein­de, die auf Gesund­heit und Tou­ris­mus setzt.

Bote: Wo könn­te die­ser Haupt­platz entstehen?

Räd­ler: Es gibt eini­ge Mög­lich­kei­ten rund um das Hacker-Haus. Wir wol­len ein Grund­stück ankau­fen, den Grund­satz­be­schluss vom Gemein­de­rat gibt es bereits. Dann könn­te man etwa einen klei­nen Park anlegen.

Bote: Wel­che Mög­lich­kei­ten gibt es denn zur Verkehrsberuhigung?

Räd­ler: Das eine ist, dass heu­er die Kreu­zung bei der Apo­the­ke umge­baut und mit einer Ampel aus­ge­stat­tet wird. Außer­dem möch­te ich durch diver­se Maß­nah­men eine ver­kehrs­be­ru­hig­te Zone im Bereich der Volks­schu­le bis zum ehe­ma­li­gen Café Fellin­ger errichten.

Bote: Infra­struk­tur­pro­jek­te fal­len eher in den Bereich „Pflicht“ eines Bür­ger­meis­ters. Was wäre für Sie nun die Kür, wel­che Pro­jek­te wol­len Sie in Ihrer Gemein­de noch umsetzen?

Räd­ler: Ich habe noch ein gro­ßes Pro­jekt im Kopf: Das ist eine Wohn­mög­lich­keit für demenz­kran­ke Men­schen, eine Art klei­nes „Demenz­dorf“ mit Rund­um­be­treu­ung. Damit hät­ten wir ein wei­te­res Ange­bot neben dem Betreu­ten Woh­nen, das der­zeit rea­li­siert wird.

Bote: Und was haben Sie für die jün­ge­ren Gene­ra­tio­nen vor?

Räd­ler: Wir haben erst kürz­lich unser ers­tes Jugend­zen­trum eröff­net, und das funk­tio­niert sehr gut. Wir hat­ten vor weni­gen Tagen ein Gespräch in der Lan­des­re­gie­rung bezüg­lich des Neu­baus der Ten­nis­an­la­ge geführt. Es gibt einen pri­va­ten Inves­tor, der eine Ten­nis­hal­le errich­ten will, und mit ihm gemein­sam wol­len wir die Ten­nis­plät­ze kom­plett neu auf­bau­en, inkl. Kabi­nen. Und auch für die ganz Klei­nen gibt es Plä­ne: Noch heu­er soll der Spa­ten­stich für den Kin­der­gar­ten erfol­gen. Der­zeit haben wir auf­grund des Bevöl­ke­rungs­zu­wach­ses sie­ben Grup­pen, und wir wer­den zwei wei­te­re Grup­pen und zwei Hort­grup­pen dazu bauen.

Bote: Nach Ihren 20 Jah­ren als Bür­ger­meis­ter: Gibt es da noch die eine gro­ße Visi­on, die Sie ger­ne in Ihrer Gemein­de umset­zen würden?

Räd­ler: Die gibt es. Neben dem Demenz­dorf, das in den nächs­ten fünf Jah­ren umge­setzt wer­den soll, denn das gibt es sonst nir­gends, gibt es noch ein gro­ßes Pro­jekt. Aber das kann ich noch nicht sagen, denn sonst hal­ten mich alle für ver­rückt. Die Idee ver­folgt mich schon seit 15 Jah­ren, und ich habe mir auch bereits inter­na­tio­na­le Bei­spie­le ange­se­hen. Aber noch ist das nicht spruchreif.