Foto: Markus Steinbichler

Immer wenn wir verborgene Orte in der Buckligen Welt besuchen, begeben wir uns auf eine Reise durch Raum und Zeit. Einen richtigen „Lost Place“ aus einer heute nahezu vergessenen Zeit durften wir passend zur Juli-Ausgabe besuchen: eine alte und seit vielen Jahren verfallende Pension, in der Urlauber ihre Sommerfrische im Grünen verbrachten. Nach der letzten Saison im Jahr 1968 dürfte hier aber die Zeit einfach stehen geblieben sein …

Auch wenn unser Fotograf Markus Steinbichler immer Ausschau nach alten Mauern mit Geschichte(n) hält: Tipps sind immer willkommen! Ein solcher hat ihn kürzlich von einer Hobby-Fotografin erreicht, die seine Leidenschaft für vergessene Orte teilt. Heidi Pinterich lebt in Mönichkirchen und hat vor einigen Jahren ebenfalls das Suchen, Finden und Festhalten von „Lost Places“ für sich entdeckt und uns an ihrem Wissen teilhaben lassen.

„Blickwexel“ auf Häuser und ihre Geschichte

Alte Häuser in Fotos zu bewahren und deren Geschichten zu erzählen, ist ihr ein großes Anliegen. Dazu hat Heidi Pinterich auch vor Kurzem ihre eigene Website www.blickwexel.at gestartet. Auch so manches Bauwerk aus der Buckligen Welt wird hier porträtiert, so auch eine alte und seit Jahrzehnten stillgelegte Sommerfrische-Pension im Pittental – unser aktueller „Lost Place“. Zusätzlich zu den Fotos unseres Stammfotografen hat uns Heidi Pinterich auch eigene Bilder zur Verfügung gestellt, die wir im Rahmen unserer Serie zeigen dürfen. Die Zeit der Sommerfrische ist ein heute nahezu vergessenes Phänomen, das mit der Eröffnung der Aspangbahn seine Anfänge nahm. Entlang der 1881 eröffneten Bahnlinie siedelten sich – ähnlich wie an der Semmeringbahn, nur in kleinerem Maßstab – betuchte Städter an. Vertreter des wohlhabenden Wiener Bürgertums, reiche Fabrikanten oder höhere Beamte ließen sich hier Landsitze errichten. Schöne Villen und kleine Landhäuser findet man heute noch zwischen Pitten und Aspang – überall dort, wo der Zug aus Wien Station machte.

Ruhe und Abkühlung in der Buckligen Welt 

Wer sich diesen eigenen Luxus nicht leisten konnte, verbrachte ein paar Tage in kleinen Pensionen oder machte günstigen „Urlaub am Bauernhof“. Bis in die 1970er-Jahre waren ein paar Wochen Ruhe und Abkühlung auf dem Land für viele geplagte Städter der Sommerurlaub schlechthin. 

Nach und nach wurden allerdings Autoreisen an die Adria, wenig später die ersten Flugreisen möglich und leistbar. Die einfachen und unspektakulären Ferientage der Sommerfrische konnten da nicht mehr mithalten. Auch die vergessene Pension im Pittental war sparsam eingerichtet: Mehrere kleine Zimmer boten Platz für ein bis zwei Betten, einen Kasten und ein Waschbecken mit Spiegel. Ein Gang-WC und ein Badezimmer mit Wanne mussten für alle Gäste reichen. 

Im Erdgeschoß wurde in der Küche Frühstück zubereitet, auf einem Nebengebäude war eine Terrasse mit Blick ins Grüne eingerichtet. Auch wenn sich nicht allzu viel über den Alltag der damaligen Gäste und Beschäftigten herausfinden ließ: Eine alte Ansichtskarte vermittelt einen Eindruck dieser kleinen, aber feinen Idylle unter Sonnenschirmen.

Kehrt neues Leben in die alte Pension ein?

Vor Kurzem hat ein neuer Eigentümer die Pension erworben, um ihr Schritt für Schritt wieder Leben einzuhauchen. Dass er dabei noch viel vor sich hat, kann man gleich auf den ersten Blick sehen: Im Dach klafft ein großes Loch, schon vor vielen Jahren ist dadurch ein Teil der Holzdecke eingestürzt. Alte Eisenbetten hängen bizarr in den Raum hinein und liefern ein Bild wie aus einer Filmkulisse. Gleich daneben steckt noch der Zimmerschlüssel im Türschloss, liegt ein „Kurier“ vom 22. August 1968 auf dem Tisch und eine Tuchent wie frisch aufgeschlagen im Bett. Nur eine dicke Staubschicht, die alten Möbel und blätternde Wandfarbe vermitteln: Die Zeit der Sommerfrische ist seit einem halben Jahrhundert vorbei …

Aufruf

Wir bedanken uns bei
Heidi Pinterich für den Tipp und empfehlen einen Besuch auf ihrer Seite
www.blickwexel.at!
Wenn auch Sie ein Gebäude mit Geschichte(n) in der Buckligen Welt kennen, erzählen Sie uns davon: redaktion@bote-bw.at

Fotos: Steinbichler, Pinterich