Foto: Steinbichler 

Kir­chen- und Klos­ter­rui­nen umgibt eine ganz eige­ne Atmo­sphä­re, man den­ke nur an die düs­te­ren Gemäl­de von Cas­par David Fried­rich oder mys­ti­sche Rei­se­bil­der aus Eng­land und Schott­land. In der Buck­li­gen Welt wie auch im übri­gen Öster­reich sind sie kaum anzu­tref­fen. Ein­zi­ge Aus­nah­men bil­den die Kapel­len in den zahl­rei­chen Burg­rui­nen, die ihr Schick­sal mit den auf­ge­ge­be­nen Wehr­bau­ten tei­len. Die meis­ten Kir­chen und Klös­ter der Regi­on haben krie­ge­ri­sche Zei­ten, Refor­ma­ti­on und Gegen­re­for­ma­ti­on sowie die Klos­ter­auf­he­bun­gen unter Kai­ser Joseph II. unbe­scha­det über­stan­den – mit einer Aus­nah­me: Die Lieb­frau­en­kir­che an Fuße der Burg­rui­ne Kirch­schlag ist nur noch als Rui­ne erhal­ten geblieben.

Eine Kir­che für die Kirch­schla­ger Herrschaft

Um 1390 waren Kon­rad und Chris­toph von Pot­ten­dorf die Herr­scher auf Burg Kirch­schlag. Zu die­ser Zeit lie­ßen sie am Schloss­berg auf hal­ber Höhe zwi­schen Ort und Burg eine statt­li­che Kir­che zu Ehren „unse­rer lie­ben Frau“ – also der hei­li­gen Maria – als Burg­ka­pel­le errich­ten. Wie auf einem Kup­fer­stich von Georg Mat­thä­us Vischer aus dem Jahr 1672 gut zu erken­nen ist, war die Lieb­frau­en­kir­che ein drei­jochi­ger goti­scher Saal­bau mit einem 5/​8‑Chor. In der West­mau­er befand sich das Kir­chen­tor, dar­über auf einem Pfei­ler ruhend die Herr­schafts­em­po­re, auf der die Burg­her­ren der hei­li­gen Mes­se bei­wohn­ten. An der Nord­mau­er befan­den sich sechs Stre­be­pfei­ler zur Abstüt­zung der Gewöl­be, die Süd­mau­er wird heu­te noch mit zwei Schwib­bö­gen gegen den Berg­hang abge­stützt. Der Stich zeigt wei­ters ein stei­les Kir­chen­dach mit einem „Dach­rei­ter“, also einem klei­nen auf­ge­setz­ten Glo­cken­turm, über der Westmauer.

Wie eine Kir­che ver­schwin­den konnte

Das Schick­sal der Lieb­frau­en­kir­che ist über die Jahr­hun­der­te eng mit der Herr­schaft auf der Burg Kirch­schlag ver­bun­den. Im Jahr 1783 schlug der Kirch­schla­ger Pfar­rer jedoch die Auf­he­bung ihres Bene­fi­zi­ums vor; die­ses wur­de ein Jahr dar­auf auf die Kir­che in Lem­bach über­tra­gen. Wenig spä­ter, im Jahr 1787, wur­de die Kir­che unter Kai­ser Joseph II. end­gül­tig auf­ge­las­sen und pro­fa­niert, gleich­zei­tig wur­den die Turm­glo­cken und das Kir­chen­pflas­ter nach Lem­bach gebracht. Das Altar­bild mit der namens­ge­ben­den Mari­en­dar­stel­lung befin­det sich heu­te auf dem lin­ken Sei­ten­al­tar in der Kirch­schla­ger Pfarr­kir­che. Ab 1810 wur­de die Lieb­frau­en­kir­che weit­ge­hend abge­bro­chen. Nach der Ver­wen­dung als „Stein­bruch“ ist nur noch die Süd­mau­er mit drei Kon­so­len des Gewöl­be­an­sat­zes und einer Taber­na­kel­ni­sche voll­stän­dig erhal­ten. Die übri­gen Mau­ern sind heu­te nur noch in Brust­hö­he vor­han­den, an der Tor­öff­nung in der West­mau­er sind Res­te der pro­fi­lier­ten Tor­ge­wän­de zu ent­de­cken. Ein Teil der Wen­del­trep­pe zur Empo­re ist eben­falls gut erhal­ten, der Altar- und Pfei­ler­so­ckel sind nur noch ansatz­wei­se erkenn­bar. Dass die Kir­che auch in die­sem Zustand eine beson­de­re Aus­strah­lung hat, bewies der Kirch­schla­ger Bür­ger­meis­ter Josef Frei­ler im April 2018 per­sön­lich: Er hat auf die­sem his­to­ri­schen Platz über den Dächern „sei­ner“ Stadt geheiratet!

Kir­chen­rui­nen rund um die Buck­li­ge Welt

Eine wei­te­re ver­schwun­de­ne Kir­che befin­det sich übri­gens im Wes­ten der Buck­li­gen Welt. Schon der Orts­na­me weist dar­auf hin: In Öden­kir­chen, einer klei­nen Rot­te im Gemein­de­ge­biet von Kirch­berg am Wech­sel, wur­de eben­falls von Kai­ser Joseph II. eine alte Kapel­le aus dem Jahr 1050 auf­ge­las­sen – sie wur­de damit zur „öden“, also ver­las­se­nen Kir­che. Rund um die Buck­li­ge Welt gibt es zwei wei­te­re Kir­chen- und Klos­ter­rui­nen zu ent­de­cken: Unter­halb der Burg­rui­ne Bärn­egg in Schäf­fern steht der beein­dru­cken­de Turm der ver­fal­le­nen Kir­che St. Niko­laus an einem Abhang im Wald. Und auf dem bewal­de­ten Berg­hang des Klos­ter­ber­ges über der bur­gen­län­di­schen Ort­schaft Land­see befin­det sich das 1701 errich­te­te, heu­te aller­dings bis auf weni­ge Mau­er­zü­ge ver­schwun­de­ne Klos­ter der Kamaldulenser-Eremiten. 

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