Pro­vo­ka­ti­on: Johann Hagen­ho­fer 1958 mit Ziga­ret­te am Schul­aus­flug / Foto: Elke Sinn

Im Som­mer wird Johann Hagen­ho­fers ers­tes auto­bio­gra­fi­sches Buch „Hal­ter­bub und Hof­rat“ erschei­nen. Wir prä­sen­tie­ren vor­ab den zwei­ten Teil sei­ner ganz per­sön­li­chen Erin­ne­run­gen an eine Miss­lun­ge­ne Pro­vo­ka­ti­on als Jugend­li­cher am Gymnasium.

„In der Unter­stu­fe war ich ein guter und dank­ba­rer Schü­ler, wie es sich für einen Buben vom Land gehör­te, der durch Zufall und gro­ßes Glück in einem Gym­na­si­um gelan­det war. In der Ober­stu­fe änder­te sich mein Ver­hal­ten radi­kal. Schuld dar­an waren mei­ne neu­en Vor­bil­der, die ich als Hilfs­ar­bei­ter am Bau und in einem Beton­werk ken­nen gelernt hat­te, und mei­ne Ent­wick­lung zu einem füh­ren­den Halb­star­ken in unse­rer Hoch­wol­kers­dor­fer Plat­te“, so Hagen­ho­fer. Sei­ne neu­ge­won­ne­nen „Talen­te“ woll­te er am Gym­na­si­um aus­pro­bie­ren. „In der 7. Klas­se plan­te unser gut­mü­ti­ger Klas­sen­vor­stand Karl Nawra­til einen Wan­der­tag im Bur­gen­land und for­der­te uns am Tag davor wie immer auf, eine pas­sen­de Wan­der­klei­dung anzu­zie­hen und auf ihn beim Bahn­hof in Wie­ner Neu­stadt zu war­ten. Er war ein rich­ti­ger Klas­sen­va­ter und rede­te uns immer wie­der zu, uns ordent­lich zu klei­den und zu beneh­men. Da hat­ten Fritz Wies­ho­fer und ich die Idee, unse­ren ‚Nawra‘ zu pro­vo­zie­ren und zu schau­en, wie er dar­auf reagiert. Wir gaben die Paro­le aus, dass wir uns alle mög­lichst schä­big und unpas­send anzie­hen, um unse­ren Klas­sen­vor­stand schon mit die­sem Räu­ber­zi­vil am Bahn­steig zu emp­fan­gen. Dar­an hiel­ten sich auch fast alle und wir hat­ten schon gro­ßen Spaß, bevor ‚Nawra‘ ankam. Als er aus dem Zug stieg und uns erblick­te, reagier­te er her­vor­ra­gend, schüt­tel­te nur ein wenig den Kopf und sprach uns wegen unse­rer Klei­dung über­haupt nicht an.“

Nach­dem die­se Pro­vo­ka­ti­on also ein kom­plet­ter Fehl­schlag war, ging der Schü­ler Hagen­ho­fer noch einen Schritt wei­ter: „Wir saßen gemein­sam beim Mit­tag­essen im Stüberl der Burg Forch­ten­stein. Ich been­de­te ganz schnell das Essen und ging auf die im Ober­stock gele­ge­ne Ter­ras­se, leg­te mich dort in einen Lie­ge­stuhl, zün­de­te mir eine Ziga­ret­te an und war­te­te dar­auf, dass mich der Klas­sen­vor­stand ent­deck­te. Ein Mit­schü­ler foto­gra­fier­te mich und erzähl­te es eini­gen Freun­den, die mei­ne Idee auch sehr lus­tig und ori­gi­nell fan­den. Irgend­et­was kam dem Klas­sen­vor­stand ver­däch­tig vor, er bemerk­te mei­ne Abwe­sen­heit und mach­te sich auf die Suche nach mir. Als er mich auf der Ter­ras­se fand, blieb er noch immer ganz ruhig, stell­te sich vor mich hin und sag­te in einem Ton­fall, den ich vor­her bei ihm noch nie ver­nom­men hat­te, nur die paar Sät­ze: ‚Ist dir bewusst, dass du dir mit dei­nem der­zei­ti­gen Ver­hal­ten und sol­chen Dumm­hei­ten dei­ne Zukunft ver­baust? Dir fehlt dein Vater, aber du hast eine Mut­ter, die alles für dich macht. Reiß dich zusam­men!‘ Ich war wirk­lich beschämt und kehr­te klein­laut zur Grup­pe zurück. Von da an mach­te ich bei Pro­vo­ka­tio­nen, zumin­dest gegen­über ‚Nawra‘, nicht mehr mit.“

Erst Jahr­zehn­te spä­ter, als Johann Hagen­ho­fer selbst Direk­tor am Gym­na­si­um war, wur­de ihm klar, dass wohl eini­ge Pro­fes­so­ren ihre schüt­zen­de Hand über ihn gehal­ten hat­ten, denn mit einer schlech­ten Betra­gens­no­te wäre sei­ne Schul­lauf­bahn been­det gewesen.