Für Mar­kus Stein­bich­ler einer der schöns­ten Bahn­hö­fe: Aus­schlag-Zöbern. / Foto: Steinbichler

Vor genau 140 Jah­ren bahn­te sich ein neu­es Ver­kehrs­mit­tel den Weg Rich­tung Buck­li­ge Welt und Wech­sel­land: Im August 1881 wur­de die ers­te Teil­stre­cke der Aspang­bahn bis Pit­ten eröff­net, im Okto­ber des glei­chen Jah­res der vor­läu­fi­ge End­bahn­hof Aspang erreicht. 1910 wur­de die Wech­sel­bahn als Fort­set­zung der Bahn­stre­cke in die Stei­er­mark in Betrieb genom­men. Die Schie­nen brach­ten nicht nur Gäs­te, son­dern auch gro­ße Ver­än­de­run­gen für die gesam­te Regi­on mit sich. Unse­ren Foto­gra­fen Mar­kus Stein­bich­ler beschäf­tigt die Bahn schon seit sei­ner Kind­heit – bis heute.

„Mein Eltern­haus stand in der Nähe der Bahn­stre­cke, mein Groß­va­ter war als Hei­zer und spä­ter Lok­füh­rer auf der Aspang- und Wech­sel­bahn unter­wegs“, erzählt Mar­kus Stein­bich­ler über sei­ne Bezie­hung zur Eisen­bahn. „Als mein Opa in Pen­si­on ging, kam ich auf die Welt – und so haben wir viel Zeit mit­ein­an­der ver­bracht. Bei Spa­zier­gän­gen zu den Via­duk­ten und Tun­nel der Wech­sel­bahn oder zum Bahn­hof Aus­schlag-Zöbern erzähl­te er mir alles über die Bahn.“ Der denk­mal­ge­schütz­te Bahn­hof im spät­his­to­ris­ti­schen Stil ist für Stein­bich­ler bis heu­te einer der schöns­ten. Den Ursprung sei­ner Fas­zi­na­ti­on für alte Gebäu­de und ihre Details ver­mu­tet er in den dama­li­gen Besu­chen an der Hand von Oma und Opa.

Eine Eisen­bahn­stre­cke in die Buck­li­ge Welt

Auch die Geschich­te der Bahn­stre­cke wur­de ihm dabei erzählt: Im 19. Jahr­hun­dert wur­den im süd­li­chen Nie­der­ös­ter­reich neue Ver­kehrs­we­ge ange­legt. 1803 wur­de der Wie­ner Neu­städ­ter Kanal zum Las­ten­trans­port nach Wien in Betrieb genom­men, 1842 die Süd­bahn – vor­läu­fig bis Glogg­nitz. Weni­ge Jah­re spä­ter konn­te mit der Sem­me­ring­bahn die Stre­cke bis nach Graz ver­län­gert wer­den. Um das Mono­pol der pri­va­ten Süd­bahn als Ver­kehrs­weg in den Süden zu bre­chen, soll­te eine zwei­te Bahn­stre­cke errich­tet wer­den. Schließ­lich finan­zier­te eine bel­gi­sche Gesell­schaft die Stre­cke, die Plä­ne waren hoch­tra­bend: Die „Wien-Salo­ni­ki-Bahn“ soll­te über den gesam­ten Bal­kan ver­lau­fen und den Han­del mit dem Mit­tel­meer­ha­fen in Grie­chen­land auf­neh­men. Die Welt­wirt­schafts­kri­se 1873 mach­te die­se Plä­ne zunich­te, der Bau der Aspang­bahn wur­de den­noch begon­nen. Die Stre­cke zwi­schen Wie­ner Neu­stadt und Aspang wur­de 1881 eröff­net und erschloss die Ort­schaf­ten im Pit­ten­tal. Die Fort­set­zung als „Minia­tur-Sem­me­ring­bahn“ über den Wech­sel stell­te 1910 die Ver­län­ge­rung der Stre­cke bis nach Fried­berg dar.

Die Eisen­bahn brach­te zwei Phä­no­me­ne der Jahr­hun­dert­wen­de mit sich: ers­tens die Indus­tria­li­sie­rung der Regi­on, denn vie­le Betrie­be wur­den durch Anschluss­bah­nen zu wich­ti­gen Indus­trie­stand­or­ten, wie etwa die Tex­til­fa­brik in Erlach, die Papier­fa­brik in Pit­ten oder das Kao­lin­werk in Aspang. Und zwei­tens die Som­mer­fri­sche, die neben Aus­flüg­lern auch für gro­ße Hotels und die Vil­len der fei­nen Gesell­schaft neben der Bahn­stre­cke sorgte.

Eine Fas­zi­na­ti­on von Kin­der­bei­nen an …

Für Mar­kus Stein­bich­ler ist die „Eisen­bahn sei­ner Kind­heit“ bis heu­te prä­gend, auch wenn dies der Gesichts­aus­druck auf einem Foto von der 100-Jahr-Fei­er der Aspang­bahn nicht gera­de ver­mu­ten las­sen wür­de: „Ich habe Zug­fah­ren immer geliebt, aber als Drei­jäh­ri­ger hat mir die qual­men­de und zischen­de Dampf­lok dann doch Angst ein­ge­jagt!“, kann er sich erin­nern. Den schöns­ten Teil der Stre­cke zwi­schen Aspang und Aus­schlag-Zöbern hat er spä­ter in den Feri­en manch­mal auf eige­ne Faust bereist, denn eine ein­fa­che Fahrt kos­te­te damals nur sie­ben Schil­ling. In der Jugend war die Aspang­bahn für Stein­bich­ler der täg­li­che Schul­weg nach Wie­ner Neu­stadt, die Stre­cke über den Wech­sel wur­de hin­ge­gen nur manch­mal, höchst unfrei­wil­lig benutzt: Nach zehn Stun­den Unter­richt kam es schon mal vor, dass am Abend der Hei­mat­bahn­hof Aspang ver­schla­fen wur­de. Ein­mal gab es ein böses Erwa­chen, und zwar im tiefs­ten Win­ter am stei­ri­schen Bahn­hof Tau­chen-Schau­er­egg! Ende der 1990er-Jah­re waren Schü­ler noch ohne Han­dy unter­wegs, und so muss­te er durch hüft­ho­hen Schnee zum nächs­ten Münz­te­le­fon stap­fen, um das spä­te­re Nach­hau­se­kom­men anzu­kün­di­gen.
Auch man­chen „Lost Place“ hat er ent­lang der Stre­cke ent­deckt: von unge­nutz­ten Wär­ter­häus­chen, in denen noch alte Fahr­plä­ne lie­gen, bis zum auf­ge­las­se­nen Bahn­hof Mönich­kir­chen mit dem leer ste­hen­den Som­mer­fri­sche-Hotel dane­ben. Bis heu­te nutzt er die Aspang­bahn auf sei­nem Weg zur Arbeit nach Wien. Zug­fah­ren ist für ihn ohne­hin die schöns­te Art des Rei­sens: „Man kann ganz ent­spannt dasit­zen, um die vor­bei­zie­hen­de Land­schaft und die stän­dig wech­seln­den Aus­bli­cke auf sich wir­ken zu las­sen. Vor allem dann, wenn die Bahn­stre­cken ein­sam durch wei­te Fel­der und unbe­rühr­te Wäl­der führen.“

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Fotos: Stein­bich­ler