nöGIG-GF Rein­hard Baum­gart­ner im Gespräch mit dem „Boten“; im Hin­ter­grund Leer­roh­re für Glas­fa­ser / Foto: nöGIG / Rai­ner Mirau

„Ja zu Glas­fa­ser“ ist der­zeit in vie­len Gemein­den der Buck­li­gen Welt und des Wech­sel­lands pla­ka­tiert. War­um eigent­lich und was bringt das einem Haus­halt? Wir haben Rein­hard Baum­gart­ner, Geschäfts­füh­rer der nöGIG Pro­jekt­ent­wick­lungs GmbH gebe­ten, uns auf die­se und vie­le ande­re Fra­gen Ant­wor­ten zu geben.

Bote: In jenen Gemein­den, in denen der­zeit die Bestel­lun­gen für Glas­fa­ser-Inter­net gesam­melt wer­den, spre­chen die Bür­ger­meis­ter von einer gro­ßen Chan­ce und rich­ten teils drin­gen­de Appel­le an die Haus­hal­te, jetzt einen Ver­trag abzu­schlie­ßen. War­um eigent­lich? Wor­in besteht die gro­ße Chance?

GF Rein­hard Baum­gart­ner: Das ist ganz ein­fach: Glas­fa­ser ist eine neue Infra­struk­tur, die heut­zu­ta­ge eben­so rele­vant ist wie das Strom- oder das Was­ser­netz. Nur wenn die Glas­fa­ser bis ins Haus reicht, sind damit aus­rei­chend Kapa­zi­tä­ten für alle aktu­el­len und zukünf­ti­gen Online-Anwen­dun­gen vor­han­den. Das Land Nie­der­ös­ter­reich hat ein Modell ent­wi­ckelt, mit dem auch länd­li­che Gemein­den die­se Infra­struk­tur bekom­men kön­nen. Damit das NÖ Glas­fa­ser­netz tat­säch­lich gebaut wer­den kann, müs­sen meh­re­re Vor­aus­set­zun­gen erfüllt wer­den. Eine ist beson­ders wich­tig: Nur wenn die Bevöl­ke­rung auch ent­spre­chen­den Bedarf signa­li­siert, kön­nen wei­te­re Schrit­te gesetzt wer­den. Kon­kret heißt das: In den vor­ge­se­he­nen Aus­bau­ge­bie­ten wer­den Bestel­lun­gen für Glas­fa­ser­an­schlüs­se gesam­melt. Wenn die Bestellquote

42 Pro­zent über­schrei­tet, kön­nen lang­fris­tig auch genü­gend Ein­nah­men durch die Nut­zung des Net­zes erzielt wer­den. Mit einer Bestel­lung ver­pflich­tet man sich näm­lich auch, den Anschluss ab Her­stel­lung für min­des­tens 24 Mona­te zu nut­zen – also ein Inter­net­pro­dukt eines der vie­len Diens­te­an­bie­ter im NÖ Glas­fa­ser­netz zu bezie­hen. Wenn alle Rah­men­be­din­gun­gen – inklu­si­ve Errei­chen der Min­dest­be­stell­quo­te – erfüllt sind, kann die Glas­fa­ser­in­fra­struk­tur in die­ser Gemein­de errich­tet wer­den. Von die­ser pro­fi­tie­ren nicht nur die ein­zel­nen Per­so­nen, die Anschlüs­se bestellt haben, son­dern auch die Gemein­de als Wirt­schafts­stand­ort und Wohngebiet.

Bote: Wel­che Rol­le spielt dabei die nöGIG?

Baum­gart­ner: Als nöGIG pla­nen und errich­ten wir im Auf­trag des Lan­des zukunfts­si­che­re Glas­fa­ser­net­ze in länd­li­chen Regio­nen Nie­der­ös­ter­reichs. Wir sor­gen dafür, dass das NÖ Modell für den Glas­fa­ser­aus­bau umge­setzt wird. Das reicht von der Pla­nung über die För­der­ab­wick­lung bis hin zum Betrieb der Net­ze. Beson­ders wich­tig sind dabei zwei Punk­te: Die Net­ze sind offen und öffent­lich. Offen heißt, dass alle Diens­te­an­bie­ter – ob klei­ne oder gro­ße – ihre Pro­duk­te im NÖ Glas­fa­ser­netz zu glei­chen Bedin­gun­gen anbie­ten kön­nen. Das sorgt für fai­ren Wett­be­werb und die Kun­din­nen und Kun­den haben gro­ße Wahl­frei­heit. Öffent­lich bedeu­tet, dass die Infra­struk­tur lang­fris­tig unter Kon­trol­le der öffent­li­chen Hand bleibt.

Bote: In eini­gen weni­gen Gemein­den bzw. „Sam­mel­ge­bie­ten“ ist die Samm­lung der Bestel­lun­gen bereits abge­lau­fen. Mit wel­chem Ergebnis?

Baum­gart­ner: In den ver­gan­ge­nen Wochen haben wir die Gemein­den bei der Vor­be­rei­tung der Nach­fra­ge­s­amm­lung best­mög­lich unter­stützt. Wir haben Glas­fa­ser­bot­schaf­te­rin­nen und Bot­schaf­ter geschult und gemein­sam schon meh­re­re Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tun­gen ange­bo­ten, die immer sehr gut besucht waren. Ins­ge­samt sind die Sam­mel­pro­jek­te aus­ge­spro­chen gut auf­ge­setzt und die Gemein­den sind sehr enga­giert. Das spie­gelt sich auch in den Ergeb­nis­sen wider. Es sind schon zahl­rei­che Bestel­lun­gen bei uns ein­ge­langt. Jetzt geht es vor allem dar­um, Unent­schlos­se­ne zu über­zeu­gen und offe­ne Fra­gen zu beant­wor­ten. Inter­es­sant dabei ist: Die meis­ten Leu­te wis­sen sehr genau über die Vor­tei­le von Glas­fa­ser Bescheid. Ihnen ist klar, was ein Glas­fa­ser­an­schluss bei der Nut­zung des Inter­nets bringt und auch dass der Wert eines Hau­ses mit Ein­lei­tung von Glas­fa­ser gestei­gert wird. Die meis­ten Fra­gen dre­hen sich um die Instal­la­ti­on im Haus. Hier kön­nen loka­le Unter­neh­men unterstützen.

Bote: Sie leben selbst in der Buck­li­gen Welt und sind daher bes­tens mit den Her­aus­for­de­run­gen eines sol­chen Infra­struk­tur-Groß­pro­jekts ver­traut. Ist es über­haupt mög­lich, mit den vie­len Hügeln, Tälern und Streu­la­gen jemals flä­chen­de­ckend Glas­fa­ser-Inter­net schaf­fen zu können?

Baum­gart­ner: Hier muss man rea­lis­tisch blei­ben. Das NÖ Modell für den Glas­fa­ser­aus­bau ist der­zeit das ein­zi­ge, das auch in dünn besie­del­ten Gebie­ten für Glas­fa­ser­an­schlüs­se bis in die Häu­ser sor­gen kann. Im ers-
ten Schritt wird oft nicht das gesam­te Gemein­de­ge­biet aus­ge­baut. Wich­tig ist aller­dings, dass die­ser ers­te Schritt ein­mal gemacht wird. Daher bit­ten wir auch alle, die zu Beginn nicht dabei sein kön­nen, das Gesamt­pro­jekt zu unterstützen.

Bote: In jenen Gemein­den, in denen man der­zeit ver­sucht, 42 Pro­zent der Haus­hal­te von einem Glas­fa­ser-Anschluss zu über­zeu­gen, damit das Pro­jekt umge­setzt wer­den kann, hört man eine Rück­mel­dung immer wie­der: Wozu brau­che ich das, ich habe ja Inter­net, das funk­tio­niert. Ich gebe die Fra­ge wei­ter: Wozu brau­chen wir Glasfaser-Internet?

Baum­gart­ner: Erin­nern Sie sich noch, wie wir vor 25 Jah­ren kom­mu­ni­ziert haben? Da war SMS der letz­te Schrei. Eine Nach­richt war maxi­mal ein 140 Bytes groß. Das ist eine ver­schwin­dend gerin­ge Daten­men­ge. Heu­te nut­zen wir ganz selbst­ver­ständ­lich Video­te­le­fo­nie – vor allem in Zei­ten des Lock­downs haben beson­ders vie­le Men­schen mit ande­ren über die­sen Weg tele­fo­niert. Das Daten­vo­lu­men, das dabei benö­tigt wird, ist um ein Viel­fa­ches grö­ßer. Bei ande­ren Anwen­dun­gen ist die Ent­wick­lung ähn­lich, etwa bei Video­strea­ming, das in 4K-Qua­li­tät ange­bo­ten wird und bald auch in 8K. Die alten Tele­fon­net­ze sto­ßen an ihre Kapa­zi­täts­gren­zen und im Mobil­funk­netz muss man lau­fend in die neu­es­ten Tech­no­lo­gien inves­tie­ren. Nach 5G wird 6G kom­men … Im Gegen­satz dazu, kann man mit Glas­fa­ser das Pro­blem ein für alle Mal lösen. Mit Glas­fa­ser im Haus hat man genü­gend Band­brei­te und Kapa­zi­tä­ten für die kom­men­den Jahr­zehn­te. Es gibt kei­ne schnel­le­re Daten­über­tra­gung als in Lichtgeschwindigkeit.

Bote: Gibt es einen „Plan B“ für Gemein­den, die die 42-Pro­zent-Hür­de nicht auf Anhieb schaffen?

Baum­gart­ner: Wir gehen jetzt ein­mal davon aus, dass wir die gesteck­ten Zie­le in der geplan­ten Zeit errei­chen. Soll­te das nicht zur Gän­ze gelin­gen, wer­den wir gemein­sam mit der Gemein­de die Situa­ti­on neu bewer­ten und Lösun­gen suchen, um den Aus­bau star­ten zu können.

Bote: Die ers­ten „Sam­mel­pha­sen“ sind ange­lau­fen bzw. bereits been­det. Wie geht das Pro­jekt Glas­fa­ser in der Buck­li­gen Welt und im Wech­sel­land nun wei­ter bzw. in wel­che Pha­sen glie­dern sich die kom­men­den Ausbaustufen?

Baum­gart­ner: Ein Glas­fa­ser­pro­jekt durch­läuft immer die glei­chen Pha­sen. In der Buck­li­gen Welt gibt es bereits Gemein­den, in denen der Aus­bau läuft – kon­kret in Lan­zen­kir­chen und im Wal­pers­ba­cher Orts­teil Sch­leinz. Dort wer­den in Kür­ze die ers­ten Anschlüs­se online gehen. In ande­ren Gemein­den wur­de die Sam­mel­pha­se kürz­lich been­det. Da lau­fen schon die Bau­aus­schrei­bun­gen. Wenn alles nach Plan läuft, kann dort der Aus­bau im Früh­jahr kom­men­den Jah­res star­ten. Dann gibt es Gemein­den, die mit­ten in der Sam­mel­pha­se sind. Die wird bis Ende Sep­tem­ber dau­ern. Im Herbst die­ses Jah­res star­ten wei­te­re Gemein­den in die Sam­mel­pha­se. Wie Sie sehen: Es tut sich sehr viel in der Buck­li­gen Welt. In Zah­len bedeu­tet das Gesamt­in­ves­ti­tio­nen in der Höhe von 38,4 Mil­lio­nen Euro für eine neue Infra­struk­tur. Mit die­ser Sum­me kön­nen wir knapp 11.000 Haus­hal­te erschlie­ßen. Ich bin davon über­zeugt, dass das einen gro­ßen Auf­schwung für die Regi­on ein­lei­ten wird. Glas­fa­ser­in­fra­struk­tur ist die Basis für wirt­schaft­li­chen Erfolg, inter­na­tio­na­le Wett­be­werbs­fä­hig­keit, Inno­va­tio­nen und für die Qua­li­tät eines Wohnortes.