Mariella Klement-Kapeller an ihrem neuen Arbeitsplatz, im Büro der Wiener Alpen in Katzelsdorf. Zeit, den Liegestuhl zu testen, hatte sie noch nicht, denn derzeit tourt sie durch die Regionen, um sich vorzustellen Foto: Rehberger

Seit wenigen Wochen hat die Tourismus-Destination Wiener Alpen in Niederösterreich eine neue Geschäftsführerin. Mariella Klement-Kapeller kommt aus der Tourismusbranche, hat jahrelange Erfahrung in der Österreich Werbung gesammelt und weiß, dass eine erfolgreiche Destinations-Entwicklung nur mit der Einbindung aller touristischen Akteure in den Regionen funktionieren kann. Was sie sonst noch vorhat, um die vorhandenen Angebote zu stärken und Gäste in die Region zu locken, verrät sie im „Bote“-Interview.

Bote: Warum haben Sie sich dazu entschieden, sich für die Position der Wiener Alpen-Geschäftsführerin zu bewerben?

Mariella Klement-Kapeller: Ich komme aus dem Tourismus, habe internationales Tourismusmanagement und Freizeitwirtschaft in Krems studiert, war dann kurz im Marketingbereich tätig und dann hat es mich sofort wieder zurück in den Tourismus gezogen. Zunächst war ich bei der Österreich Werbung acht Jahre im Bereich Kundenmanagement als Teamleiterin und Projektleiterin unserer touristischen Fachmessen tätig. Nach einer kurzen Karenz bin ich in den Bereich PR- und Medienberatung gewechselt, ich habe aber recht schnell bemerkt, dass mir der touristische Aspekt, das touristische Netzwerk fehlt. Ich bin dann wieder zur Öster-
reich Werbung zurückgegangen und habe dort im Partnermanagement die österreichischen Kulturinstitutionen betreut und beraten; zuletzt auch die NÖ Werbung und die NÖ Destinationen. So gab es schon den ersten Berührungspunkt zu den Wiener Alpen. Für mich war das ein wunderbarer Entwicklungsschritt, weil ich es sehr spannend finde, was man hier gestalten kann. Die Wiener Alpen sind es geworden, weil das eine unglaublich dynamische Destination ist, mit sehr viel Potenzial und sehr vielen Stärken. Das hat mich unglaublich gereizt.

Bote: Sie sind aus Baden, gehören also zur klassischen Zielgruppe der Wiener Alpen. Wie haben Sie bisher Ihre Ausflüge in die Destination geplant?

Klement-Kapeller: Ich war oft in der Umgebung der Hohen Wand unterwegs, weil meine Eltern dort ein kleines Ferienhäuschen haben. Das war für uns auch immer eine gute Basis für weitere Ausflüge in der Region, bis zum Eis Greissler in der Buckligen Welt. Mit meinem Kind war ich überall in der Destination, wo man nur kann, Ski fahren. Für mich war auch Wiener Neustadt immer ein interessantes urbanes Zentrum, nicht nur bezüglich Einkaufsmöglichkeiten, sondern weil ich sehr kulturaffin bin und es hier diesbezüglich ein riesiges Angebot gibt.

Bote: Sehen Sie auch die Hauptaufgabe der Wiener Alpen darin, als Ausflugs-Drehscheibe für den Ballungsraum zu fungieren?

Klement-Kapeller: Ja, und nicht nur. Wir sind als Wiener Alpen sehr gut aufgestellt, was das Thema Ausflüge betrifft. Doch wir wollen den Gästen nicht nur das vorhandene Ausflugsangebot präsentieren, sondern sie vor allem hier halten. Der Wunsch ist, dass sie in der Destination übernachten, länger bleiben und verschiedene Erlebnisse miteinander verbinden. Wir können als Wiener Alpen nicht nur sehr gut diese Erlebnisse abbilden, sondern diese in ein buchbares Angebot packen, in Kombination mit Gastronomie und Hotellerie.

Bote: Die Wiener Alpen wurden von den einzelnen Regionen in der Destination durchaus auch skeptisch gesehen, gerade in den Anfängen, als man den Eindruck hatte, da wird etwas „drübergestülpt“, nicht zuletzt aufgrund des Begriffs „Wiener Alpen“. Wie ist Ihr Zugang zu den Touristikern in der Region?

Klement-Kapeller: Zunächst zum Namen: Da muss man unterscheiden zwischen der Innensicht und der Sicht von außen. Man muss den Gast mehr in den Fokus rücken. Wenn wir vom Ballungsraum Wien sprechen, da sind die einzelnen Regionen in der Destination noch relativ klar und bekannt. Wenn man darüber hinausgeht – und das ist ja auch eine Aufgabe der Wiener Alpen – in den Bereich Zentral- und Osteuropa, da bringt der Begriff Wiener Alpen eine klare Orientierung: nahe an Wien und trotzdem Naturerlebnis in den Bergen. Ich sehe die Wiener Alpen als Basis, als eine Art Schneepflug, um den kommunikativen Weg freizuräumen für die einzelnen starken Marken, ob das jetzt das Schneebergland oder die Bucklige Welt ist. Die Identität nach innen zu schaffen, ist sicher nicht so einfach, vor allem wenn man bestehende starke Marken hat. Und zu meinem persönlichen Zugang: Tourismus ist für mich ein Kommunikations- und ein Servicegeschäft. Ich verstehe darunter, dass ich auf die Menschen zugehen und das, was ich mache, auch erklären muss. Das betrifft natürlich auch alle touristischen Akteure. Der Nutzen, den wir als Destination bringen, muss für mich ganz klar spürbar und sichtbar sein.

Bote: Im Rahmen der Pressekonferenz am Molzbachhof sind immer wieder Begriffe wie Synergien oder Vernetzung gefallen. Wie soll das gelingen?

Klement-Kapeller: Zum einen betrifft das die Kommunikation nach außen, etwa bei unseren Leitprodukten. Mit diesen erreichen wir die Aufmerksamkeit der potenziellen Gäste und können übergreifende Angebote schaffen und Packages schnüren. Wir planen auch, die Kommunikation nach innen zu stärken, um gegenseitig voneinander zu lernen. Das war in Pandemie-Zeiten nur schwer möglich, soll jetzt aber wieder verstärkt werden.

Bote: Sie haben die Gestaltungsmöglichkeiten in der Destination angesprochen. Wie viel können denn die Wiener Alpen selbst gestalten?

Klement-Kapeller: Es ist unsere Aufgabe als Destinationsmanagement und Marketing-Organisation, das Angebot ins Schaufenster zu stellen, zu zeigen und zu kommunizieren. Wir sind der Link vom Angebot zum Gast. Und wir sind auch eine Service-Plattform für die Tourismusbranche. Wir gehen beispielsweise über unser Gastgeber-Service bis auf Betriebsebene, um zu beraten, etwa zu Themen wie Preisgestaltung, Online-Buchbarkeit, Versicherungen und vieles mehr. Ich sehe es auch als unsere Aufgabe, touristische Trends zu erkennen und in die Branche zu kommunizieren, damit Angebote angepasst werden können. Wir schaffen Angebote, indem wir Vorhandenes bündeln und als Pakete vermarkten, etwa das Sommerfrische-Angebot oder das Rad-Package „Vom Buckl zum Berg“, die dann über unsere Plattform buchbar sind.

Bote: Sie sind seit wenigen Wochen die neue Geschäftsführerin der Wiener Alpen und waren in dieser Zeit schon sehr viel unterwegs in der Destination. Was sind bis jetzt ihre wichtigsten Eindrücke?

Klement-Kapeller: Ich bin derzeit wirklich sehr viel unterwegs. Bürgermeister Feri Schwarz aus Bad Schönau, der nächtigungsstärksten Gemeinde der Destination, hat sich etwa gerade am Anfang sehr viel Zeit genommen, mich herumgeführt und mich den wichtigsten touristischen Akteuren in der Gemeinde vorgestellt. Dieser direkte Kontakt ist sehr wertvoll für mich. Neben dem Molzbachhof habe ich in der Region auch bereits mit Karl Morgenbesser von der Erlebnisarena in St. Corona gesprochen, jemand, der für mich unglaublich visionär ist. Ich war im Triad, im Krumbacherhof, natürlich auch beim Eis Greissler, in den Thermengemeinden und in Mönichkirchen und ich habe mit vielen Bürgermeistern gesprochen und die regionalen Obleute kennengelernt. Egal, wo ich bis jetzt war, überall wurde ich immer sehr freundlich aufgenommen und konnte spannende erste Gespräche führen. Mein Ziel ist es, auf Betriebsebene anzukommen, um selbst zu sehen, wie die unterschiedlichsten touristischen Betriebe funktionieren.

Bote: Die Position des Geschäftsführers ist, anders als bisher, als sie noch unbefristet war, auf fünf Jahre befristet. Welche Meilensteine wollen Sie in diesen fünf Jahren in der Destination Wiener Alpen setzen?

Klement-Kapeller: Wenn ich es nach fünf Jahren geschafft habe, dass sich bei all jenen, die ein entsprechendes touristisches Angebot bieten können, die Frage geklärt hat, wie die Wiener Alpen ganz konkret für Sie von Nutzen sein können, dann habe ich schon sehr viel erreicht. Die Kommunikation nach innen ist für mich ein ganz wesentlicher Punkt. Eine Strategie ist wichtig und gut, das ist mein Fahrplan und an dieser orientiere ich mich auch als Geschäftsführung. Das alles nützt aber nichts, wenn das von den Touristikern, also jenen, die von unserer Strategie profitieren sollen, nicht verstanden wird. Darin liegt ein wesentlicher Schwerpunkt. Service bedeutet für mich, auf die Leute zuzugehen und das Gespräch zu suchen und Fragen da zu beantworten, wo sie sich stellen. Nach außen müssen wir uns klare, messbare Ziele setzen. Ich will das nicht an neuen Nächtigungsrekorden festmachen, aber ich denke, dass wir aufgrund der geografischen Lage und der Vielzahl von Themen, die wir bieten können, sehr viel erreichen können.

Bote: Die Pandemie hat in touristischer Hinsicht einiges in Bewegung gebracht. Was ist hier in die Region gekommen, um zu bleiben?

Klement-Kapeller: Viele Menschen haben die Regionen in der Destination neu kennen und schätzen gelernt. Viele wissen jetzt, wie schön es bei uns ist und das schlägt sich im besten Fall auf mehr gebuchte Kurzurlaube nieder. Vielen war nicht bewusst, welches unglaubliche Angebot direkt vor der Haustüre liegt. Das haben jetzt viele für sich entdeckt und lernen in der Destination immer neue Angebote kennen.

Bote: Früher oder später wird die Pandemie enden und Reisen werden wieder leichter möglich sein. Wie wollen Sie um den ausländischen Gast werben?

Klement-Kapeller: Unsere Chance liegt in unserem Einzugsgebiet, also bei Gästen aus den zentraleuropäischen Nachbarländern. Für diese sind wir das Gebiet mit den ersten Bergen, da ist die Nähe ein Vorteil, ob nun in Bezug auf das Skifahren mit den Kindern oder viele andere Themenschwerpunkte. Man darf aber auch nicht unterschätzen, dass die Wien-Nähe auch im Hinblick auf Fernmärkte interessant ist. Weniger als eine Stunde von Wien entfernt und einfach öffentlich erreichbar, bekommt man eine unglaubliche Vielfalt und ein wunderbares Gesamterlebnis rund um Natur, Kultur und Kulinarik geboten. Die wichtigste Zielgruppe kommt aus jenen Ländern, die nahe bei uns sind, also vor allem der zentral- und osteuropäische Raum, und den sprechen wir gezielt an.