Beein­dru­ckend: Burg Stey­ers­berg von oben / Fotos: Mar­kus Stein­bich­ler (6), Alex­an­der Ruprecht, Zeich­nung Micha­el Trimmel

Wer eine Vor­lie­be für alte Mau­ern hat und mit offe­nen Augen durch die Gegend reist, wird da und dort einem ganz beson­de­ren Fabel­we­sen begeg­nen: einem Dra­chen mit bren­nen­dem Holz­pfahl im Maul. Die­ses Wap­pen­tier erin­nert in Bur­gen und Schlös­sern, in Kir­chen und auf Grab­stei­nen zwi­schen Haß­bach und Schwarz­au am Stein­feld an das Adels­ge­schlecht derer von Wurm­brand-Stupp­ach. Unser Foto­graf Mar­kus Stein­bich­ler hat sich auf die Suche gemacht und an zahl­rei­chen Orten Spu­ren der „adli­gen Dra­chen­tö­ter“ gefunden.

Die Fami­lie Wurm­brand-Stupp­ach zähl­te über Jahr­hun­der­te zu den bedeu­tends­ten öster­rei­chi­schen Adels­ge­schlech­tern. Woher der Name und das fan­tas­ti­sche Wap­pen­tier stam­men, erzählt die Wurm­brand­sa­ge: Ein Lind­wurm (also ein Dra­che) such­te einst die Län­de­rei­en der Grä­fin von Stupp­ach bei Glogg­nitz heim und kein Rit­ter konn­te ihm Ein­halt gebie­ten. Als ein Bau­er gera­de einen Acker ein­zäun­te – und dafür Holz­pfäh­le über dem Feu­er ankohl­te, um sie halt­ba­rer zu machen –, stürm­te das Untier auf ihn zu. Mit auf­ge­ris­se­nem Maul schnapp­te der Dra­che nach dem Bau­ern, doch der ramm­te ihm den glü­hen­den Pfahl in den Rachen und mach­te ihm den Gar­aus. Zum Dank nahm die Grä­fin den Bau­ern zum Gemahl und ernann­te ihn zum ers­ten Rit­ter von „Wurm­brand“.

Als Beginn der gesi­cher­ten Stamm­rei­he des Geschlechts kön­nen der Grab­stein eines Hein­rich von Wurm­prant von Stupp­ach aus dem Jahr 1265 sowie eine Urkun­de aus 1322 ange­se­hen wer­den, die sei­nen Bru­der Helm­wig Wurm­prant zu Sal­lo­der erwähnt. Spä­ter, im Jah­re 1607 wur­de Ehren­reich von Wurm­brand zu Stupp­ach zum Frei­her­ren erho­ben, 1682 gelang­te die Fami­lie in den Gra­fen­stand, wodurch sie nun­mehr dem Hoch­adel zuge­ord­net war. Die „Gra­fen von Wurm­brand-Stupp­ach, Frei­her­ren von Stey­ers­bergh, Stik­kels­bergh, Rey­den­au, Nau­hauß und Saxen­brunn“ beklei­de­ten häu­fig wich­ti­ge diplo­ma­ti­sche und mili­tä­ri­sche Ämter für das Kai­ser­haus. Nach­kom­men der Fami­lie sind heu­te in Wien, der Stei­er­mark, Bay­ern, Ita­li­en sowie der Schweiz behei­ma­tet – und nach wie vor in der Buck­li­gen Welt.

Denn hier hat die Fami­lie Wurm­brand-Stupp­ach über vie­le Jahr­hun­der­te hin­weg Herr­schaf­ten, Bur­gen und Schlös­ser besessen.

Das Wap­pen­tier fin­det man vor dem Burgtor …

… und auf manch Grabstein!

Altes Gemäu­er als Erbe der Grafenfamilie

Vie­le davon ste­hen heu­te noch, man­ches ist aber eher im Reich der Legen­de zu suchen, wie die ältes­ten Spu­ren des „ers­ten Wurm­brand“: Auf einem mar­kan­ten Buckel öst­lich von Rans­dorf soll die­ser Leo­pold genann­te Rit­ter 1194 sei­ne Burg Wurm­brand errich­tet haben. Vor Ort ist nichts davon zu ent­de­cken, laut einer Über­lie­fe­rung wur­den die Stei­ne zum Schul­bau im nahe gele­ge­nen Aigen ver­wen­det. Neue­re For­schun­gen fan­den letzt­lich kei­nen Beleg für Rit­ter oder Burg. Mar­kus Stein­bich­ler hat für die­sen Bei­trag den „Gries­bau­ern-Rie­gel“ durch dich­tes Dor­nen­ge­strüpp hin­durch erobert und fest­ge­stellt: „Auch wenn hier tat­säch­lich kein Stein und kein Gra­ben auf eine Fes­tung hin­wei­sen: In der Fan­ta­sie kann man sich hier eine Burg mit Blick über die Buckel den­noch gut vorstellen.“

Vie­le ande­re Fes­tun­gen und Herr­schaf­ten der Buck­li­gen Welt ste­hen dafür nach­weis­lich mit der Fami­lie in Ver­bin­dung. Um 1600 ver­kauf­te Ehren­reich von Wurm­brand-Stupp­ach das Stamm­schloss bei Glogg­nitz und erwarb die Herr­schaft Stey­ers­berg. Er ließ die mit­tel­al­ter­li­che Burg zu einem präch­ti­gen Renais­sance­schloss aus­bau­en und stark befes­ti­gen. Spä­ter wur­de ein gro­ßer Guts­hof errich­tet, der bis heu­te die Wurmbrand‘sche Forst­ver­wal­tung beher­bergt. Um einen Gesamt­ein­druck zu bekom­men, erhielt Stein­bich­ler wie­der Unter­stüt­zung „von oben“ durch tol­le Droh­nen­bil­der von Alex­an­der Ruprecht (mehr auf Face­book und Insta­gram unter @protogane). Das his­to­ri­sche Ensem­ble im Gemein­de­ge­biet Warth ist die größ­te und am bes­ten erhal­te­ne Burg­an­la­ge weit und breit. Gut bewacht wird sie von einer Sta­tue des Wap­pen­tiers vor dem Tor: dem Lind­wurm mit dem bren­nen­den Pfahl im Maul!

Auf der Suche nach dem „bren­nen­den Wurm“

Mar­kus Stein­bich­ler hat auch nach wei­te­ren Dra­chen in der Buck­li­gen Welt gesucht, denn sei­nen Zugang zur Hei­mat­for­schung erklärt er so: „Ich mag es, wenn man sich spie­le­risch auf Spu­ren­su­che bege­ben und so Ent­de­ckun­gen machen kann – dann wird Geschich­te leben­dig.“ Und er hat etli­che Spu­ren gefun­den: Gleich unter­halb von Stey­ers­berg in Haß­bach hängt ein eiser­ner Lind­wurm über dem Ein­gang zum Gast­haus Mai­er, da es bis in die 1930er-Jah­re zur Herr­schaft gehör­te. Ein Stück wei­ter in der Kir­che liegt die lan­ge Zeit ver­ges­se­ne Fami­li­en­gruft unter dem Stein­bo­den ver­bor­gen, meh­re­re Grab­plat­ten der Ade­li­gen zei­gen das Untier. Auch am Fried­hof in Kirch­au (die Pfar­re soll 1194 vom ers­ten Wurm­brand gegrün­det wor­den sein) befin­den sich 13 teils präch­ti­ge Grä­ber der Reichs­gra­fen, aber­mals ver­ziert mit dem Wap­pen­tier. Fas­zi­nie­rend auf all die­sen Grab­mä­lern: die Bio­gra­fien der ade­li­gen Damen und Her­ren mit ihren Titeln wie „Oberst Erb­land Küchen­meis­ter“, „Apos­to­li­scher und Majes­täts­wirk­li­cher Gehei­mer Rath und Käm­me­rer“ oder „Pal­last- und Stern­kreuz-Dame Ihrer Majes­tät, der Kaiserin“.

Auch in Sti­ckel­berg bei Hol­len­thon bewacht ein Dra­che das Tor zur dor­ti­gen Burg­rui­ne, eben­falls einst von Ehren­reich von Wurm­brand-Stupp­ach erwor­ben. In Schwarz­au am Stein­feld ließ die Fami­lie ein präch­ti­ges Jagd­schloss im Barock­stil errich­ten, auf des­sen Dach­gie­bel eine Dra­chen­jagd-Sze­ne dar­ge­stellt ist. Heu­te beher­bergt es die Jus­tiz­an­stalt für weib­li­che Häft­lin­ge und ist nicht öffent­lich zugäng­lich. Doch wer über die Anstalts­mau­ern hin­weg­späht, kann das Unge­heu­er und einen Rit­ter zu Pferd ent­de­cken. Einen Zufalls­fund mach­te Stein­bich­ler noch in Feis­tritz am Wech­sel: Hin­ter der Kir­che fin­det man präch­ti­ge stei­ner­ne Grab­plat­ten der Adli­gen auf Burg Feis­tritz. Eine davon zeigt gleich zwei­mal den Lind­wurm mit dem bren­nen­den Pfahl – denn schließ­lich gehört sie „Eli­sa­bet Frau von Rot­tal, gebo­re­ne Wurm­pran­din Frey­in“. Die Bilanz unse­res Foto­gra­fen: „Knapp 20 Dra­chen habe ich ent­deckt, und es sind bestimmt noch mehr in der Buck­li­gen Welt versteckt.“

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