Bürgermeister Karl Kager (li.) mit seinem neuen Vize Bernhard Pürrer am Stadtamt von Kirchschlag / Foto: Faustenhammer

Seit knapp 100 Tagen ist Karl Kager neuer Bürgermeister der Stadtgemeinde Kirchschlag in der Buckligen Welt. Am 5. Mai wurde der bisherige Vizebürgermeister feierlich angelobt (wir berichteten in der Juni-Ausgabe). Der „Bote“ sprach mit dem neuen Stadtchef über seine Pläne und Visionen, über aktuelle Projekte und auch darüber, wie er seine neue Aufgabe in Kirchschlag mit seiner bestehenden als Direktor an der NMS Kirchberg unter einen Hut bringen will.

Bote: Seit 2014 waren Sie Vizebürgermeister der Stadtgemeinde Kirchschlag, seit knapp 100 Tagen sind Sie nun Bürgermeister. Haben Sie sich in Ihre neue Aufgabe schon eingelebt?
Bürgermeister Karl Kager: Da ich als Vizebürgermeister schon sehr in das politische Tagesgeschäft eingebunden war, war das Einleben nicht allzu schwer. Natürlich gibt es gerade jetzt zu Beginn viele Termine, die ich gerne wahrnehme. Ich habe ja gewusst, was mich erwartet.

Bote: Was ändert sich für Sie nun in Ihrem Arbeitsalltag – Sie sind ja gleichzeitig Direktor an der Mittelschule in Kirchberg?
Kager (lacht): Ich werde von einer 40- auf eine 60-Stunden-Woche mit Wochenenddienst aufstocken. Mit engagierten Teams an meiner Seite, lässt sich beides schaffen. Natürlich gilt es jetzt, organisatorische Abläufe möglichst effizient zu gestalten. Termindisziplin steht an erster Stelle. Meine Arbeit als Direktor werde ich so wie bisher fortsetzen – in einer sehr guten Schule mit ausgezeichneten Lehrerinnen und Lehrern sowie mit motivierten Schülerinnen und Schülern fällt einem das leicht. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Stadtgemeinde sind ebenfalls ein starkes Team, auf das man sich verlassen kann und das alles kann. An manchen Tagen bin ich eben schon um sechs Uhr früh am Stadtamt und fahre danach in die Schule. Der Mittwoch ist mein Gemeindetag – da darf ich schon früher aus der Schule weg und bin ab zehn Uhr in der Gemeinde unterwegs. Die Stunde, die ich täglich im Auto sitze, nutze ich zum Telefonieren. Mit Bernhard Pürrer habe ich auch einen sehr kompetenten und engagierten Vizebürgermeister an meiner Seite – so ist es leicht, Aufgaben zu delegieren. Meine Familie versuche ich, wo es geht, einzubinden. Hier bin ich für ihr Verständnis, wenn ich nicht da bin, sehr dankbar.

Bote: Im Jahr 2019 hatten wir im „Boten“ ein Interview mit Ihnen und dem damaligen Bürgermeister Josef Freiler zum Thema „Kirchschlag ist Zukunft“, in dem wir der Frage nachgegangen sind, was die wichtigen Zukunftsthemen für die Stadtgemeinde sind. Es ging um Themen wie eine lebenswerte Stadt oder erneuerbare Energie. Wie sieht das heute aus, was sind Ihre Visionen für Kirch-
schlag?

Kager: Wir haben unsere Visionen unter dem Begriff „Kirchschlag 3000“ zusammengefasst. Ein lebenswertes Kirchschlag steht hier an erster Stelle. Unsere Bevölkerungszahl (rund 2.900) zu halten und womöglich in Zukunft die 3.000er-Marke zu knacken, kann ein Ziel sein. Das ist eine lebenswerte Größe für unsere Kleinstadt – wir wollen nicht explosionsartig wachsen. Kirchschlag soll ein Ort mit gesunden Betrieben, einer wertgeschätzten Landwirtschaft und sanftem Tourismus bleiben.
Eine unternehmerische Herausforderung wird es sein, den mit der KWK-Anlage und unseren Photovoltaikanlagen produzierten Strom bestmöglich zu vermarkten. Auch das Betreiben des Fernwärmenetzes der Stadtgemeinde wird uns vor eine verantwortungsvolle Aufgabe stellen. Das Thema „Kinderbetreuung“ nehmen wir sehr gerne in Angriff – wir waren schon vor fast 20 Jahren eine der ersten Gemeinden, die Kinderbetreuung von ein bis 14 Jahren angeboten hat. Beim Kindergarten Kirchschlag wird es einen Zubau geben und der „Zwergerlgarten“ wird auch dorthin übersiedeln.

Bote: Um die Bevölkerungszahlen auch in Zukunft halten zu können, braucht es wohl Maßnahmen für leistbares Wohnen. Welche Projekte sind da in Kirchschlag möglich bzw. geplant?
Kager: Derzeit sind zwei neue geförderte Wohnprojekte in Umsetzung. Der Baustart für 24 Wohnungen am „Sonnenweg“ (im Bereich der Feldgasse) wird demnächst festgelegt. Mit der Wohnbaugesellschaft NBG haben wir einen zuverlässigen Partner für innovative Wohnprojekte. Ein zweites Projekt entsteht gegenüber dem Schwimmbad in der Wienerstraße – dort werden rund 20 Wohnungen entstehen.

Bote: Ein Thema für viele Kirchschlager betrifft die Parkplatzsituation, vor allem bei Mehrparteienhäusern. Wird hier an einer Lösung gearbeitet?
Kager: Durch den Ankauf des ehemaligen Post-Areals durch die Stadtgemeinde stehen ab Sommer rund 50 zusätzliche Parkplätze am Hauptplatz zur Verfügung. Auch beim Kindergarten Kirchschlag gibt es neue Parkplätze in Hauptplatznähe. Es gibt in unserer Gemeinde ausreichend Parkplätze. Wenn man ein paar Schritte gehen muss, schadet es nicht. Dort, wo Wohnraum geschaffen wird, werden auch Stellplätze errichtet. Zusätzlichen Boden für Parkplätze zu versiegeln, halte ich allerdings für nicht ganz zeitgemäß.

Bote: Stichwort ehemalige Post: Was passiert mit diesem Gebäude, das die Stadtgemeinde angekauft hat?
Kager: Wir haben das Gebäude zu einem sehr vernünftigen Preis erwerben können. In erster Linie war uns wichtig, dass wir hier künftig selbst gestalten können. Wir befinden uns noch in der Entwicklungsphase. Die Substanz des bestehenden Gebäudes ist teilweise nicht schlecht, wir haben also keinen Stress, hier schnellstmöglich etwas Neues umzusetzen. Wir sind auch für gute Ideen mit dem Augenmerk auf Finanzierbarkeit und Nachhaltigkeit offen.

Bote: Sind bereits Ideen in der engeren Auswahl?
Kager: Ein Teil wird sicher Parkplatz bleiben, weil wir diesen entlang des Hauptplatzes brauchen. Uns ist es wichtig, dass mit dieser Fläche mitten im Zentrum nicht spekuliert wird oder dass es jemand kauft und ungenützt lässt, weil es für die Stadtgemeinde und das Ortsbild eine sehr wichtige Fläche ist. Spruchreife Ideen gibt es noch keine.

Bote: Im Rahmen des Festakts „20 Jahre Kirchschlag“ haben Sie, damals noch als Vizebürgermeister, Ihre Visionen für die Stadtgemeinde präsentiert. Ein Thema betraf die wirtschaftliche Entwicklung. Sie haben vorgerechnet, dass sich die Kommunalsteuereinnahmen in den letzten 20 Jahren knapp verdoppelt haben. Wie wollen Sie nun als Bürgermeister die positive wirtschaftliche Entwicklung beeinflussen?
Kager: Am wichtigsten ist es nach wie vor, das Bewusstsein zu schaffen, dass die eigene Bevölkerung im eigenen Ort einkauft. Wir haben ausgezeichnete Handels- und Gewerbebetriebe, die wirklich alles abdecken. Da gehen wir als Stadtgemeinde mit gutem Beispiel voran und werden auch die Bevölkerung weiter dazu animieren. Viele Kundinnen und Kunden kommen auch aus dem Burgenland und der Buckligen Welt und die sind uns unter dem Motto „Einkaufen bei Freunden“ sehr wichtig. Bei unserer ausgezeichneten Gastronomie kann man sich verwöhnen lassen – das ist ein wunderbares Gesamtpaket. Wir werden unser bestehendes Betriebsgebiet erweitern, damit wir Betrieben die Möglichkeit zur Weiterentwicklung oder Ansiedelung geben können.

Bote: In unserem Gespräch 2019 war einer Ihrer Schwerpunkte der Ausbau des Caritas Pflegeheims. Kommt dieser Ausbau nun?
Kager: Die Pflegeplätze sind seitens des Landes genehmigt und die Pläne für den Ausbau gibt es bereits. Die Pflegeplätze sollen verdoppelt werden – zu den derzeit 36 werden weitere 36 Pflegeplätze dazukommen, also wird dann für insgesamt 72 Bewohnerinnen und Bewohner Platz in unserem Pflegezentrum sein.

Bote: Apropos Ausbau: In Kirchschlag wird derzeit fleißig gebaggert, weil derzeit die erste Glasfaser-Ausbaustufe umgesetzt wird. Bis wann soll das abgeschlossen sein?
Kager: Bis Jahresende sollen alle Anschlüsse dieser ersten Phase aktiviert sein. Derzeit finden die Grabarbeiten intensiv statt und im Sommer werden die ersten Glasfaser-Anschlüsse aktiviert.

Bote: Für die zweite Phase sind Sie selbst Teil des Kernteams für die Gemeinden der Region. Wie weit sind da die Pläne für den weiteren Ausbau?
Kager: Im Sommer werden insgesamt 20 Gemeinden der Region, von Hochwolkersdorf über Kirchschlag bis Kirchberg, die Bucklige Welt – Wechselland Glasfaser Infrastruktur GesmbH gründen, um dann im Herbst ein Ansuchen für Förderungen des weiteren Ausbaus einreichen zu können. Die geschätzten Kosten betragen rund 53 Mio. Euro. Hier geht es in erster Linie um die Haushalte in der Peripherie – in abgelegeneren Gebieten der Gemeinden. Diese sollen mit Glasfaser-Internet versorgt werden. In den nächsten zwei bis drei Jahren soll die Umsetzung erfolgen. Ziel ist es, dass möglichst jedes Haus einen Glasfaseranschluss bekommt.

Bote: Welche Visionen haben Sie darüber hinaus für Kirchschlag?
Kager: Es geht darum, dass wir ein lebenswerter Ort sind und bleiben. Da reichen oft schon kleinere Maßnahmen. Es geht nicht darum, riesige Veränderungen anzustreben oder einen riesigen neuen Betrieb herzulocken. Wir wollen, dass es unseren Betrieben gut geht und dass es den Menschen, die hier leben, gut geht. Natürlich sind Weiterentwicklung und Veränderungen notwendig – hier müssen alle gemeinsam mittun: „Auf Veränderung zu hoffen, ohne selbst etwas dafür zu tun, ist wie am Bahnhof zu stehen und auf ein Schiff zu warten,“ sagte einst Albert Einstein und da steckt viel Sinn drin.

Bote: Alles, was in Kirchschlag passiert, passiert im Schatten der Burg, die nicht nur Wahrzeichen, sondern auch wichtiges Naherholungsgebiet ist. Die Stadtgemeinde hat bisher jedes Jahr viel Geld in den Erhalt investiert. Geht das mit Ihnen als Bürgermeister nun so weiter?
Kager: In jedem Fall! Die Burg ist gemeinsam mit der Kirche und unserem Hofhaus das Wahrzeichen der Stadtgemeinde Kirchschlag und daher werden wir als Eigentümerin der Burg auch weiterhin in deren Erhalt investieren. Die Burg vermittelt eine einzigartige Atmosphäre, ist ein hochfrequentiertes Ausflugsziel und bringt viele Besucherinnen und Besucher nach Kirchschlag. Die Veranstaltungen wie Advent auf der Burg und das Ritterfest sind absolute Highlights in der Region. Die Erhaltung der Burg sehe ich auch weiterhin als eine der touristischen Hauptaufgaben der Gemeinde.

Bote: Ein Wunsch, der im Rahmen des Festakts zu 20 Jahre Stadterhebung von einigen Rednern geäußert wurde, war, dass sich Kirchschlag mehr zu einer Art Hauptstadt der Buckligen Welt entwickeln soll. Was braucht es dafür, dass die Stadtgemeinde als solche wahrgenommen wird?
Kager: Natürlich sind wir die Hauptstadt der Buckligen Welt! Wir sind darauf sehr stolz und feiern in diesem Jahr unser 20-jähriges Jubiläum. Wichtig ist es, uns verstärkt in der Region einzubringen und zusammenzuarbeiten. Die Gemeinden und die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister können voneinander profitieren und lernen. Gemeinsame Projekte wie zum Beispiel der Glasfaserausbau fördern das Zusammengehörigkeitsgefühl und sind auch nur gemeinsam möglich. Die gut geführten Gemeinden in der Buckligen Welt und im Wechselland haben alle dieselben Herausforderungen: Wir müssen Prioritäten bei Projekten setzen, Kompromisse eingehen und gute Lösungen für unsere Bürgerinnen und Bürger finden. Trotz aller Herausforderungen blicke ich sehr optimistisch in die Zukunft unserer Stadt und der Region Bucklige Welt – Wechselland.