Markus Steinbichler unterwegs / Fotos: Markus Steinbichler (8), Alexander Ruprecht

Zum Jubiläum der 250. Ausgabe des Boten aus der Buckligen Welt erlaubt sich auch Markus Steinbichler einen ganz persönlichen Rückblick: Seit 56 Ausgaben gestaltet er monatlich eine Fotoreportage über vergessene, verlassene oder historisch interessante Gebäude und Orte in der Region. Welche besonderen Highlights, schönen Erlebnisse und netten Bekanntschaften die „Buckligen Zeitreisen“ mit sich brachten, erzählt er uns im Gespräch.

„Meine Liebe zu alten Mauern und mystischen Orten begann schon in ganz jungen Jahren“, erinnert sich Markus Steinbichler an seine Kindheit zurück. „Ich bin am Kohlgrabenbach in Aspangberg-St. Peter aufgewachsen, dort standen etliche verfallene Mühlen. Es war immer ein besonderes Erlebnis, diese zu besuchen und zu erforschen.“ 

Auch der wunderschöne, um 1910 erbaute Bahnhof Ausschlag-Zöbern hat ihn fasziniert – er war oft das Ziel von Spaziergängen mit den Großeltern. „Und dann haben mich auch Burgen und Kirchen immer schon fasziniert. Ausflüge zu Ruinen waren das Größte, eine (damals noch angebotene) Führung durch die Burg Feistritz bis in die Tiefen des Verlieses ist mir bis heute in Erinnerung geblieben. Und während die anderen in der Pfarrkirche in Oberaspang die Heilige Messe feierten, galt meine ganze Aufmerksamkeit den hohen Säulen und den mächtigen Gewölben“, erinnert sich unser „Bucklige Zeitreisen“-Fotograf und Autor. 

Auch später blieb er den alten Mauern treu: „Ich habe die HTL für Hochbau in Wiener Neustadt besucht; in den fünf Jahren war Baustilkunde mein absolutes Lieblingsfach! So standen dort etwa Besuche des Neustädter Doms inklusive Zeicheneinheiten am Lehrplan“, erzählt Steinbichler. 

Dies setzte sich auch im Raumplanungsstudium an der TU Wien fort, in dem historische Gassen und Gebäude abgezeichnet wurden. „Und die Wahrnehmungspsychologie lehrte mich, dass das menschliche Auge und der menschliche Geist (noch) nicht auf absolut gerade Linien und rechte Winkel konditioniert sind. Das leicht Krumme und Bucklige eines alten Holzhauses wird uns immer mehr ansprechen als ein steriler Neubau. Aus diesem Grund gefallen uns auch Altstädte überall auf der Welt so gut.“

Auf der Suche nach „Lost Places“

Mit einem Diplom in der Hand zurück aus Wien, begann Markus Steinbichler eine zweite Leidenschaft zu entwickeln: jene für Fotografie. Autodidaktisch, also mit viel „Learning by Doing“ streifte er durch die Bucklige Welt und hielt die Landschaft und die vielen schönen Details nun mit seiner Kamera fest. Bald schon dehnte er seine Motivsuche aus und machte sich gezielt auf die Suche nach „Lost Places“, also verlassenen, vergessenen und oft auch verfallenen Plätzen. 

Die Fotos seiner „Buckligen Weltreisen“ stellte er auf Facebook, wo schließlich die Redaktion des „Boten“ darauf aufmerksam wurde. Nach einem Kennenlerntermin war auch schon die künftige Zusammenarbeit beschlossen. 

Der Start der Reihe „Lost Places – welcome!“ erfolgte im März 2019 in der Ausgabe 193, die Reise ging ins schon jahrzehntelang leerstehende Kino in Kirchschlag (heute das K-Haus). „Gleich zum ersten Beitrag erreichte uns der Brief einer alten Dame, die darin einen Kinobesuch in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg beschrieb. Wenn Geschichte auf diese Weise mit Geschichten lebendig wird, begeistert mich dies ganz besonders“, erinnert sich Steinbichler.

Im Lauf der Jahre wurden insgesamt 28 Lost Places in Wort und Bild vorgestellt, für den Hobbyfotografen waren viele Highlights dabei: „Das Hotel Mönichkirchner Hof, in dem meine Oma als junges Mädchen gearbeitet hat; ein Blick über die Grenzen zur einzigartigen Synagoge in Kobersdorf; oder die verfallene Sommerfrische-Pension, deren bizarre Szenerie ausgesehen hat wie ein aufwendig inszeniertes Bühnenbild.“ 

Steinbichler interessieren vor allem Orte mit spannender Geschichte, wie etwa die Weberei in Trattenbach oder das alte Kurhaus in Hochegg. 

Ein ganz besonderes Highlight war seine Reise auf den Semmering, und zwar in das legendäre Südbahnhotel: „Es war ein einmaliges Erlebnis, dort durch die Gänge zu huschen und dabei tagzuträumen, was sich einst wohl hinter all den Türen abgespielt haben mag – oder noch abspielen könnte.“ Besonders freut ihn, wenn solche Orte wieder wachgeküsst werden, auch wenn dabei oftmals die beeindruckende Atmosphäre seiner Fotomotive verloren geht.

Bucklige Zeitreisen durch die Geschichte

Mit Ausgabe 221 im März 2021 wurden Steinbichlers Fotoreportagen weiterentwickelt, wie er erzählt: „Zum einen wurden die Lost Places in der Region immer weniger oder wollten Eigentümer keinem Fototermin zustimmen. Zum anderen gibt es noch zahlreiche andere alte Mauern, die interessante Geschichte[n] erzählen können – nicht zuletzt unsere Wehrkirchen, Burgen und Ruinen.“ 

Unter dem neuen Titel „Bucklige Zeitreisen“ sollten nun also historisch bedeutende Orte vorgestellt werden, wofür das sagenumwobene Teufelsbründl bei Hochneukirchen den Auftakt bildete. Dass sich die Palette der Themen verbreitert hat und sich weiterhin so manch lange versperrte Tür für ihn öffnet, freut den Fotografen besonders: „Viele Orte und Gebäude haben mich schon als Kind begeistert; immer wenn ich dran vorbeigekommen bin, habe ich mich gefragt, wie es wohl drinnen aussehen würde.“ 

Auch die „Buckligen Zeitreisen“ können inzwischen 28 porträtierte Orte verbuchen, und Steinbichlers Liste ist noch lang. Was ihn besonders motiviert, Monat für Monat eine fotografische Zeitreise zu unternehmen? „Das positive Feedback der Leserinnen und Leser, das mich direkt oder indirekt erreicht. Es freut mich, Menschen für die Geschichte unserer Region begeistern zu können!“ 

Ein weiterer Grund zum Weitermachen sind die vielen Bekanntschaften, manchmal sogar Freundschaften, die bei den Fototerminen entstehen: mit versierten Heimatforschern wie Roman Lechner zum Wissensaustausch und Öffnen so mancher Tür. Mit anderen Fotografen wie Alexander Ruprecht aus Stickelberg, der gerne beeindruckende Drohnen-Fotos beisteuert (Instagram: @protogane). Mit Gleichgesinnten wie Anna Maria Handler (@froilein_anna) für ein gemeinsames Fotoshooting im Edlitzer Sandhof, kurz vor dessen Abbruch. Welche „Buckligen Zeitreisen“ 2024 am Programm stehen, will Steinbichler noch nicht verraten, nur so viel ist für ihn gewiss: „Es bleibt auf jeden Fall vielfältig und spannend!“

Aufruf: 
Wenn Sie einen historisch interessanten Ort oder ein verlassenes Gebäude mit spannender Geschichte kennen, erzählen Sie uns davon: redaktion@bote-bw.at

Wir freuen uns über jeden Tipp!