Ein­gangs­por­tal Mönich­kirch­ner­hof / Foto: Mar­kus Steinbichler

Grand­ho­tel im Dornröschenschlaf

von | Mai 24, 2018 | Archiv, Regi­on

Mit unse­rer neu­en Serie „Lost Places“ zei­gen wir ver­bor­ge­ne Bau­ju­we­len aus der Regi­on, die noch heu­te von der Pracht ver­gan­ge­ner Tage zeu­gen. Mar­kus Stein­bich­ler hat wie­der die Geschich­te eines beson­de­ren his­to­ri­schen Hau­ses in ein­drucks­vol­len Bil­dern fest­ge­hal­ten. Dies­mal hat er auch einen per­sön­li­chen Bezug zu dem Bau­werk: Schon sei­ne Urgroß­mutter und sei­ne Groß­mutter arbei­te­ten als Küchen­hil­fen im Mönich­kirch­ner Hof, der sich seit über zehn Jah­ren im Dorn­rös­chen­schlaf befindet. 

In der letz­ten Aus­ga­be haben wir mit dem Hotel Friesl in Aspang den Beweis erbracht, dass ein „Lost Place“ nicht unbe­dingt „ver­lo­ren“ blei­ben muss. Das ehe­ma­li­ge Hotel wur­de reno­viert, und Woh­nun­gen wur­den errich­tet. Im Wech­sel­ge­biet, genau­er gesagt in Mönich­kir­chen, war­tet eben­falls ein Hotel mit wech­sel­haf­ter Geschich­te auf eine neue Aufgabe.

Der Mönich­kirch­ner Hof ist einer von meh­re­ren ein­drucks­vol­len Hotel­bau­ten, die um die Wen­de zum 20. Jahr­hun­dert ent­stan­den sind. Das herr­schaft­li­che Anwe­sen wur­de 1910/11 als Hotel und Gast­stät­te gebaut, dürf­te aber nie wirk­lich flo­riert haben. Im Buch „Früh­lings­sturm – Ein Füh­rer-Haupt­quar­tier in Nie­der­ös­ter­reich“ der ARGE Zeit­sprün­ge, erschie­nen im Kral-Ver­lag, wer­den auch der Mönich­kirch­ner Hof und sei­ne Ent­wick­lung im Lau­fe der Jah­re umris­sen. Der Beher­ber­gungs­be­trieb wur­de nach meh­re­ren Besit­zer­wech­seln zwi­schen­zeit­lich auch als Erho­lungs­heim genutzt, bevor er wie­der als Gast­haus betrie­ben wur­de. Die Gäs­te­flau­te hielt aber an, und schließ­lich wur­den hier ab dem Jahr 1985 Asyl­wer­ber beherbergt.

Sinn­vol­les Kon­zept fehlt noch

Knapp zehn Jah­re spä­ter kauf­te schließ­lich die Sozi­al­hil­fe­ein­rich­tung „Grü­ner Kreis“ das Haus, in des­sen Besitz es bis heu­te ist. Seit bereits zehn Jah­ren steht es aller­dings leer. Eine zün­den­de Idee, wie man die his­to­ri­schen Gemäu­er am sinn­volls­ten und wirt­schaft­lich ren­ta­bel nut­zen kann, gibt es aber bis heu­te nicht.

Sei­tens des „Grü­nen Krei­ses“ heißt es, man habe zwi­schen­zeit­lich geplant, Klein­wo­hun­gen für ehe­ma­li­ge Pati­en­ten ein­zu­rich­ten, damit die­se nach der The­ra­pie Wohn­mög­lich­kei­ten fin­den. Aller­dings ist der Stand­ort sehr ent­le­gen, selbst am Bahn­hof Mönich­kir­chen, gleich neben dem Hotel, hal­ten kei­ne Züge mehr.

Zudem müss­te das Hotel umfas­send saniert wer­den, was eine gro­ße finan­zi­el­le Her­aus­for­de­rung wäre und ein sinn­vol­les Nut­zungs­kon­zept vor­aus­set­zen wür­de. Der­zeit wer­den nur lau­fend klei­ne Erhal­tungs­ar­bei­ten von Pati­en­ten durch­ge­führt, ansons­ten steht das Hotel leer und ist ungenutzt.

Küchen­hil­fen im Füh­rer­haupt­quar­tier

Das war aber nicht immer so. Das weiß Mar­kus Stein­bich­ler aus ers­ter Hand. Groß­mutter The­re­sia May­er ist in einem „Klein­häusl“ bei Mit­ter­egg auf­ge­wach­sen – gleich in der Nähe des Hotels. Groß­mutter und Urgroß­mutter haben in den 1940er-Jah­ren als Küchen­hil­fen im Hotel gear­bei­tet – auch zu der Zeit, als hier das „Füh­rer­haupt­quar­tier“ für den Jugo­sla­wi­en-Feld­zug Ein­zug hielt (11. bis 25. April 1941).

Aus die­ser Zeit sind ein paar alte Schwarz-Weiß-Fotos der Küchen­be­leg­schaft vor dem Hotel und ein spe­zi­el­les Rezept geblie­ben, das bis heu­te als Fami­li­en­er­b­stück wei­ter­ge­ge­ben wird: die Blät­ter­tor­te, eine Vari­an­te der bekann­tes­ten unga­ri­schen Tor­te – der Dobos­tor­te (unga­risch: Dobostorta).

Die­se wird seit­her tra­di­tio­nell und mit viel Auf­wand für Fami­li­en­fei­ern zube­rei­tet und ist bei kei­nem Geburts­tag in der Fami­lie Mayer/​Steinbichler weg­zu­den­ken. Wer sich auf die kuli­na­ri­schen Spu­ren des Mönch­kirch­ner Hofs bege­ben will: Im Kas­ten unten dür­fen wir das Rezept verraten!

 

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Ori­gi­nal­re­zept für die Blät­ter­tor­te aus dem Mönich­kirch­ner Hof

Zuta­ten:
3 dag But­ter, 10 dag Zucker
1 Ei, 1 EL Honig, 25 dag Mehl, 1 Pkg. Backpulver

Alle Zuta­ten zu einem Teig ver­kne­ten, ausrollen,
vier Tortenböden
aus­ste­chen und backen.

Für die Creme: 

2 Pkg. Scho­ko­la­den­pud­ding zube­rei­ten, 10 dag Butter,
10 dag Zucker einrühren.

Die Tor­ten­bö­den mit der Creme zusam­men­set­zen und mit Schokolade
glasieren.

Vor­schau:

Auch in unse­rer nächs­ten Aus­ga­be prä­sen­tie­ren wir wie­der einen span­nen­den „Lost Place“: Wir bege­ben uns auf  Spu­ren­su­che von Erz­her­zog Johann in Thernberg