Kino in Krumbach / Foto: Markus Steinbichler
Lost Places – Kino schreibt Geschichte: Die ganze Welt in bunten Bildern
In unserer Serie „Lost Places“ stellen wir geschichtsträchtige Gebäude aus der Region vor, die ihre besten Zeiten schon hinter sich haben. Fotograf Markus Steinbichler gelingt es dennoch, den ehemaligen Glanz dieser Häuser in seinen Bildern einzufangen. Am liebsten sind uns aber trotzdem jene Objekte, die eigentlich nicht ganz so „verloren“ sind, weil sie wiederbelebt werden. Ein solches haben wir in Krumbach mit dem alten Kino der Familie Kerschbaumer gefunden, wo kürzlich, nach 33 Jahren, wieder ein Filmwochenende stattfand. Fortsetzung folgt.
Wenn man das Kino in Krumbach direkt neben dem Freibad betritt, dann ist es so, als ob die Zeit stehen geblieben wäre. Alles ist noch so, wie es 1985 ausgesehen hat, als der Betrieb eingestellt wurde. Der kleine Kiosk mit Kartenverkauf, die Schaukästen und Filmplakate und natürlich der Kinosaal mit Holzsitzreihen und -boden, gedämpftem Licht durch die stilechten Wandleuchten und der Leinwand hinter dem Vorhang verborgen. Man betritt eine kleine Welt der großen und kleinen Stars, der Komödien, Tragödien und natürlich der Italo-Western, eine der Lieblings-Filmgattungen von Erwin Kerschbaumer.
Als er ein Kind war, entschieden sich seine Eltern, in Krumbach ein Kino zu eröffnen. Das war im Jahr 1953, einer Zeit, in der Kinos wie Pilze aus dem Boden schossen. Auch in der Region. In Kirchschlag, Grimmenstein, Hochneukirchen, Mönichkirchen oder Aspang gab es bereits Lichtspielhäuser, und die Nachfrage war groß.
Kino als Familienbetrieb
So stand Kerschbaumers Vater im Vorführraum, seine Mutter verkaufte die Karten und die Snacks. Er und sein Bruder halfen beim Kartenabreißen. 30, 40 oder 50 Schilling kostete eine Karte, je nach Sitzreihe, als die letzten Filme über die Leinwand flimmerten.
Die allerletzte Vorstellung war „Angriff ist die beste Verteidigung“ mit Eddie Murphy. Der meistbesuchte Film war „Sissi“ mit Romy Schneider als junger Kaiserin. 750 Besucher kamen innerhalb weniger Tage, um Ernst Marischkas kitschig-schöne Interpretation der österreichischen Monarchie zu sehen. „Wir hatten die Filme immer nur für eine Woche. Mein Vater fuhr etwa zwei Monate vorher nach Wien, um sich die Termine auszumachen. Dann hatten wir die jeweiligen Filmrollen und spielten zu den Öffnungszeiten. Anfangs waren das vier Tage, dann drei und gegen Ende nurmehr die Wochenenden. Nach einer Woche musste er die Rollen wieder einpacken, nach Grimmenstein aufs Postamt bringen und zum Verleih zurückschicken“, erinnert sich Kerschbaumer.
Gezeigt werden 35-mm-Filme mit zwei großen Projektoren. Der Sockel dürfte aus dem Jahr 1925 stammen, der Vorführer aus den 50ern.
Schlussstrich
Ab dem Jahr 1971 betrieben die Kerschbaumers auch das Kino in Aspang. Mit dem aufkommen leistbarer Fernseher, die bald in allen Haushalten standen, schlitterte das Kino aber in eine Existenzkrise. Das bekamen auch die regionalen Betreiber zu spüren und irgendwann wurde es schwierig, die 185 Sitzplätze des Krumbacher Kinos zu füllen. „Ich wollte schon immer selbstständig sein, und da mein Vater Kriegsinvalide war, hatten wir die Chance, zuerst in Wien und später in Mödling, eine Trafik zu bekommen“, so Kerschbaumer. Also war 1985 erstmal Schluss mit dem Kino.
Kerschbaumer und seine Familie leben heute zwar in Mödling, kommen aber jedes Wochenende zurück in seine Heimat. Sein Wohnhaus befindet sich direkt hinter dem Kino.Mit dabei ist auch immer Sohn Markus, der schließlich auf die Idee kam, wieder Leben in das alte Lichtspielhaus zu bringen. „Eigentlich war es eine Freundin, der ich das Kino gezeigt habe und die sofort begeistert war“, so Markus Kerschbaumer. Also setzte er sich mit dem Filmarchiv und dem Filmmuseum in Verbindung, wo es noch die alten 35-mm-Filme gibt, und präsentierte schließlich seinem Vater die Idee. „Ich alleine hätte das nicht gemacht, aber als Markus mir die Herren vorgestellt hat und die Gespräche konkreter wurden, war ich auch begeistert“, so Kerschbaumer.
Wiederbelebung mit vielen Helfern
Bis es so weit war und das Kino wieder geöffnet werden konnte, musste aber viel Arbeit in das Gebäude und das Drumherum gesteckt werden. „Zwar haben wird das Haus immer instand gehalten, gelüftet und geschaut, dass alles in Ordnung ist, aber einige Dinge gab es trotzdem zu tun. Von der gründlichen Reinigung über die Instandsetzung der Projektoren bis zu Sicherheitsvorkehrungen und Genehmigungen“, so Kerschbaumer, der über die Hilfe seitens der Gemeinde, der Tischlerei Geyer und Elektrotechnik Ostermann begeistert war. Auch der Filmexperte aus dem Filmarchiv stellte wichtige Kontakte her, allen voran zu einem Vorführer, der von der Idee begeistert war.
400 Besucher konnten dann am Kinowochenende begrüßt werden. Zu sehen gab es „Dirty Dancing“ und „Asterix“. Und alle waren begeistert von der besonderen Atmosphäre. „Das ist kein Kino, wie man es heute kennt. Das Publikum sitzt im Saal und hört die Vorführer rattern, das ist einmalig“, so Kerschbaumer. Nun plant er, ein- bis zweimal pro Jahr eine Vorführung zu geben. Die nächsten Termine sind am 25. und 26. Mai 2019. Einer der Filme steht auch schon fest: „Die linke und die rechte Hand des Teufels“ mit Bud Spencer und Terence Hill.