Von links: Bgm. Thomas Heissenberger, Regionsobmann Fritz Trimmel, LAbg. Franz Rennhofer und EU-Abgeordneter Lukas Mandl mit den Wahlkampfhelferinnen unterwegs zum Seniorenwandertag bei der Leistungsschau / Foto: Rehberger

Am 26. Mai finden in Österreich die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Wir wollten von LAbg. Franz Rennhofer, Regionsobmann Fritz Trimmel und Bürgermeister Thomas Heissenberger wissen, welche Zukunftsthemen in der Buckligen Welt durch die EU realisiert werden sollen. Das Gespräch fand in Krumbach statt, beinahe zeitgleich mit dem „Zieleinlauf“ der Teilnehmer des Seniorenwandertags bei der Leistungsschau in Krumbach. Daher kam spontan auch der niederösterreichische EU-Abgeordnete Lukas Mandl auf einen Sprung zu unserem Gespräch dazu. 

Bote: Welche Themen möchten Sie als Abgeordneter in der kommenden Legislaturperiode im Europäischen Parlament einbringen?

EU-Abg. Lukas Mandl: Ich bin seit eineinhalb Jahren EU-Abgeordneter, und mein Arbeitsmotto lautet „Blau-Gelb in Europa“. So, wie Franz Rennhofer die Region im Landtag vertritt, so versuche ich, meine Landsleute im Europaparlament zu vertreten. Eines unserer großen Themen betrifft das Trinkwasser. Dazu passt auch das Projekt, das derzeit in der Buckligen Welt von neun Gemeinden umgesetzt wird. Ein weiteres wichtiges Thema betrifft die Feuerwehren und den Rettungsdienst, weil es da Tendenzen zur Privatisierung gab. Das haben wir verhindert. Das wichtigste Thema ist aber natürlich die Regionalförderung, die ein Drittel des EU-Budgets ausmacht. Es geht darum, dass unsere Gemeinden und unsere Regionen auch in Zukunft entscheiden können, welche Projekte sie auf die Beine stellen. Niederösterreich lukriert für jeden Euro Mitgliedsbeitrag an die EU drei Euro zurück. Das ist nur deshalb möglich, weil Niederösterreich mehr Förderungen abholt als alle anderen Bundesländer, immerhin 95 Prozent. Die Regionalförderung wird heuer im Herbst zur Diskussion stehen, da gibt es derzeit zentralistische Tendenzen – und dagegen werde ich mich stellen. 

Bote: Welche Themen sind Ihnen persönlich wichtig?

Mandl: Mein Leitthema ist, dass wir mehr Stärke nach außen brauchen und mehr Freiheit nach innen. Wir müssen politisch viel stärkeres Gewicht im internationalen Wettbewerb erreichen. Wir EU-Bürger sind nur sieben Prozent der Weltbevölkerung, erwirtschaften aber 25 Prozent der Weltwirtschaftsleistung. Gleichzeitig stelle ich mich gegen Überregulierungen, wie das etwa beim Trinkwasser gedroht hat. Auch beim Klimawandel brauchen wir die Stärke Europas. Das geht nur Miteinander.

Bote: Es steckt sehr viel EU in Niederösterreich und in der Region, man bekommt aber das Gefühl, dass das immer erst kurz vor EU-Wahlen betont wird. Wie wollen Sie die Bedeutung der EU künftig in Niederösterreich kommunizieren?

Mandl: Ich vertrete primär unser Land in der EU und nicht die EU in unserem Land. Auf dieser Basis versuche ich, eine menschliche Brücke zu sein, die Anliegen weiterzutragen. 

Bote: Wie viel EU steckt denn nun konkret in unserer Region?

LAbg. Franz Rennhofer: Ich habe ein paar Zahlen als Beispiel für den Bezirk Wiener Neustadt. Es gibt verschiedenste Fonds, die wir ansprechen. Beim Thema Arbeit hat der Bezirk etwa acht Projekte umgesetzt mit einem Fördervolumen von 3,4 Millionen Euro. Mit diesem Geld wurden 4.000 Arbeitsplätze im Bezirk abgesichert, und 1.500 Jobs sind seit 2014 neu geschaffen worden. Das sind etwa Förderungen für Unternehmer, die hier investieren. Im Bereich Wirtschafts- und Technologieförderungen wurden 5,3 Millionen Euro lukriert, darunter fällt etwa der Breitband-Ausbau. Im Bereich ländlicher Raum wurden 4,5 Millionen Euro an Förderungen im Bezirk abgeholt. Damit wurden viele Projekte in den Gemeinen umgesetzt, vor allem Leader-Projekte.

Regionsobmann Fritz Trimmel: Nur durch diese Förderungen war es in dem Ausmaß und in diesem Tempo möglich, die regionalen Projekte rund um die Landesausstellung in Wiener Neustadt umzusetzen. 

Rennhofer: Vom Hutwisch über die Erweiterung des Keltendorfs in Schwarzenbach bis hin zum Sconarium in Bad Schönau stecken darin EU-Mittel.

Trimmel: Deshalb ist es dem Land NÖ auch so wichtig, dass die Gemeinden und die Regionen auch in Zukunft selbstständig entscheiden können, was mit diesen Fördermitteln umgesetzt wird.

Bote: Wie sieht denn Ihre Zukunftsprognose aus, im Hinblick auf diese Förderungen? Muss man sich in Zukunft auf weniger Geld einstellen?

Rennhofer: Ich glaube, dass die EU sehr wohl die Arbeit an der Basis wünscht und kleinere Strukturen besser findet. Das ist eine riesige Chance für unsere Region, weil wir da sehr stark aufgestellt sind. Es gibt wohl kaum Regionen, die einen solchen Zusammenhalt haben wie wir hier in der Buckligen Welt und im Wechselland.

Bote: Was sind die wichtigsten Zukunftsprojekte für diese Region?

Rennhofer: Das ist zum einen das Wasser-Thema mit der Trinkwassersicherung in der Buckligen Welt, wo in Kürze sechs Millionen Euro investiert werden. Noch einmal so viel Geld wird dann in den einzelnen Gemeinden für die Baumaßnahmen benötigt. Das nächste Thema ist der weitere Ausbau des Breitband-Internets. Da sind wir schon sehr weit, und im Zuge der Arbeiten für die Wasserleitung werden überall auch Breitband-Leitungen verlegt. Das größte Projekt dieser Art in Niederösterreich. Zusätzlich machen auch die Gemeinden selbst sehr viel.

Trimmel: Wir konnten durch die Dynamik rund um die Landesausstellung rund 12 Projekte umsetzen, die ansonsten niemals so schnell und umfangreich realisierbar gewesen wären. Da ist viel passiert, und da wird auch noch weiter an der Umsetzung gearbeitet. Wo in Zukunft sicher noch eine Menge passieren wird, ist das Thema Radfahren. Das ist eines der großen Zukunftsthemen, um den Radtourismus weiter anzukurbeln und stärker zu vermarkten. Die vorhandenen Angebote sollen vernetzt werden, eine riesige Chance für den sanften Tourismus.

Rennhofer: Ein weiteres wichtiges Zukunftsthema ist der öffentliche Verkehr. Grimmenstein ist dabei ein wichtiger Knotenpunkt, und derzeit laufen in der Region die Ausschreibungen für neue Busverbindungen. Diese sollen als Zubringer zu den Knotenpunkten dienen. Jede Gemeinde wird an den öffentlichen Verkehr angeschlossen.

Bgm. Thomas Heissenberger: Ein Beispiel: Wir haben derzeit keinerlei öffentlichen Verkehr in Hochneukirchen-Gschaidt. Mit dieser geplanten Aktion der EU, wo es vor allem um die CO2-Reduktion geht, heißt es dann, Hochneukirchen-Gschaidt hat Anrecht auf öffentlichen Verkehr. In Zukunft heißt das: Ich bin in eineinhalb Stunden von der Gemeinde am Wiener Hauptbahnhof. Derzeit gibt es überhaupt keine Möglichkeit.

Bote: Oft kommt in Österreich die Kritik der Überregulierung durch die EU. Wo brauchen wir – global gesehen – mehr und wo – regional gesehen – weniger EU?

Rennhofer: Weniger EU brauchen wir überhaupt nicht, weil die bürokratischen Hürden, die machen wir uns großteils ohnehin im eigenen Land selbst. Wichtig ist, dass wir nach außen hin, etwa in Verhandlungen mit den USA oder China, mit einer starken Stimme sprechen.

Bote: Wenn Sie sich für die kommende Förderperiode für die Region Schwerpunkte wünschen dürften, welche wären das?

Trimmel: Das wären verstärkt Themen im Sozialbereich, etwa den „Masterplan Gesundheit“. So wird beispielsweise die ältere Generation auch in der Buckligen Welt mehr – in solche Richtungen, im Hinblick auf die Versorgung, muss man stärker nachdenken. Der Tourismus wird ein großes Thema bleiben, mit dem Schwerpunkt auf Vernetzung der vorhandenen Angebote in der Region. So werden auch die kleinen Angebote interessant für Gesamtpakete.

Rennhofer: Ich würde mir wünschen, dass wir im landwirtschaftlichen Bereich die Direktvermarktung noch stärker unterstützen. Wir haben tolle Produkte und tolle junge Menschen, die dahinterstehen. Da braucht es aber mehr Veredelung, mehr Bekanntheit in der Region. Der Bedarf an regionalen Produkten wäre weit größer. Die Produzenten müssen dafür mehr in Richtung Unternehmer denken und nicht nur Produzent sein. Das Nächste ist der Bereich Energie. Ich wünsche mir, dass die regionalen Ressourcen von uns genutzt werden. Wir haben Biomasse, Wind und Sonne. Wir sollten unsere eigene Energie produzieren und verbrauchen. Da trauen wir uns noch zu wenig.

Heissenberger: So wenig wie möglich Bürokratie wäre wichtig. Und ich sehen in der Digitalisierung gerade für kleine Gemeinden eine große Chance. Durch die Digitalisierung bekommen wir Europa in die Gemeinden.