Ignaz Läng­le, Tri­umph-Chef in der Regi­on, mit LH Theo­dor Kery in Ober­pul­len­dorf / Foto: Triumph-Archiv

In den 50er Jah­ren des vori­gen Jahr­hun­derts expan­dier­te der deut­sche Wäsche­kon­zern „Tri­umph“ nach Öster­reich und eröff­ne­te auch drei Stand­or­te in der Buck­li­gen Welt. In einer neu­en Stu­die wer­fen zwei Uni­ver­si­täts­pro­fes­so­ren nun einen genau­en Blick auf die­se Zeit und gehen unter ande­rem der Fra­ge nach, wel­che Bedeu­tung es für die Regi­on hat­te, dass Frau­en plötz­lich einen eige­nen Job und eige­nes Geld hatten.

Arbeits­kräf­te­man­gel und zu teu­re Arbeits­kräf­te brach­ten die Mie­der­pro­duk­ti­on „Tri­umph“ in das dama­li­ge „Bil­lig­lohn­land“ Öster­reich. Der Stand­ort in Wie­ner Neu­stadt ent­stand im Zuge die­ser ers­ten „Ost-Expan­si­on“, wei­te­re Stand­or­te in der Regi­on soll­ten folgen. 

„Dabei wur­de ganz prag­ma­tisch vor­ge­gan­gen. Man such­te sich einen Stand­ort aus, wo man hoff­te, genü­gend Arbeits­kräf­te zu fin­den, stell­te ein paar Näh­ma­schi­nen auf und star­te­te die Pro­duk­ti­on. Etwa im Gast­haus Pür­rer in Kirch­schlag oder im alten Kino in Wies­math“, so Peter Becker vom Insti­tut für Geschich­te an der Uni Wien. 

Gemein­sam mit sei­ner Kol­le­gin Bri­git­ta Schmidt-Lau­ber vom Insti­tut für Euro­päi­sche Eth­no­lo­gie führ­te er die Stu­die durch. 

Die Idee ent­stand, weil Becker selbst seit eini­gen Jah­ren in Hol­len­thon wohnt. Im Gespräch mit Nach­barn und Bekann­ten sei immer wie­der das The­ma auf Tri­umph und das Arbeits­le­ben in der Wäsche­fa­brik gekom­men. Also woll­te er genau­er her­aus­fin­den, wel­che Bedeu­tung der Kon­zern für die Men­schen, die hier leben, hatte.

100 Mil­lio­nen Schilling

Ins­ge­samt gab es in der Regi­on neben Wie­ner Neu­stadt sie­ben Stand­or­te: Wies­math, Kirch­schlag, Aspang, zwei in Hart­berg, Ober­pul­len­dorf und Ober­wart. Am Höhe­punkt der Pro­duk­ti­on waren 2.850 Mit­ar­bei­ter beschäf­tigt. Bereits in den 70ern wur­den rund 100 Mil­lio­nen Schil­ling an Gehäl­tern ausgezahlt. 

Um einen genau­en Ein­blick in die Lebens- und Arbeits­be­din­gun­gen der haupt­säch­lich weib­li­chen Mit­ar­bei­ter zu bekom­men, wur­den rund 30 Inter­views geführt. „Je mehr wir über die Arbei­te­rin­nen erfah­ren haben, des­to fas­zi­nie­ren­der fand ich, wie viel Fin­ger­fer­tig­keit und Kon­zen­tra­ti­on bei der Arbeit not­wen­dig waren, um einen solch prä­zi­sen Out­put zu schaf­fen“, so Becker. Bemer­kens­wert sei jeden­falls gewe­sen, wel­che Bedeu­tung die Arbeit für die Frau­en gesell­schaft­lich hat­te. Der dama­li­ge Pfar­rer Mer­schl aus Kirch­schlag schrieb einen Brand­brief und sah das Ehe­glück durch die Arbeit der Frau­en bedroht. Im Zuge der Inter­views erfuh­ren die For­scher aber viel dar­über, wie die Frau­en plötz­lich mit der Dop­pel­be­las­tung umgin­gen, wie sich ihr Rol­len­ver­ständ­nis änder­te und wie sie mit ihrem ers­ten eige­nen Geld umge­gan­gen sind.

Aus­stel­lung und Buch

Die Ergeb­nis­se der For­schun­gen wer­den im Rah­men eines Regi­ons­pro­jek­tes nun in Form einer vir­tu­el­len Aus­stel­lung gestal­tet, und auch an einem Buch wird gear­bei­tet. Bei­des soll 2020 prä­sen­tiert wer­den. Einen klei­nen Ein­blick in die Arbeit der Nähe­rin­nen gibt es in unse­rer nächs­ten Aus­ga­be der „BOTIN aus der Buck­li­gen Welt“.