Foto: Markus Steinbichler

Viele unserer vergessenen Orte in der Region finden wir mittels
Recherche oder mit offenen Augen beim Unterwegssein. Manchmal kommen uns aber auch Zufälle und alte Bekannte zu Hilfe – und ermöglichen ungeplante Einblicke. 

„Hast Du kurz Zeit?“ Ungefähr so begann die Nachricht, die Markus Steinbichler vorigen Sommer von seinem Kindergartenfreund, dem Aspanger Fleischermeister Hannes Gugerell-Molnar aufs Handy bekommen hat. Selbst begeisterter Leser unserer Lost-Places-Serie, hat er damals im Ort erfahren, dass ein Bekannter ein interessantes historisches Gebäude erworben und mit dem Umbau begonnen hat: Das ehemalige und lange leerstehende „Gasthaus zum Goldenen Brunnen“ samt Fleischerei und Hotelbetrieb in der Hauptstraße. 

Fotos von den beiden Jugendstil-Fleischern der ehemaligen Geschäftsfassade hatte Steinbichler schon – den Einblick ins Innere konnte er sich nicht entgehen lassen. Wenig später streunte er gemeinsam mit dem Fleischer auf der Suche nach Spuren aus der Vergangenheit durch das weitläufige Gebäude.

Gastronomischer Betrieb aus alter Zeit

Im 19. Jahrhundert war die Familie Rottler mit zahlreichen Mitgliedern in Aspang vertreten, wie der Aspanger Franz Trimmel erklärt. Einer der Brüder gründete die Fleischerei, die etwa ab 1901 ausgebaut wurde. Bis zur Hochphase der Sommerfrische war das einst kleine, ebenerdige Gasthaus (später Gasthaus Höller) zu einem beeindruckenden Hotel mit reich gegliederter Fassade angewachsen. Nicht nur zur Verpflegung der eigenen Gäste gehörte eine Fleischerei und Selcherei zum Betrieb, es gab auch ein Verkaufslokal an der Hauptstraße. Auch eine Speiseeiserzeugung fand in den Räumlichkeiten Platz. 

Der historische Reiseführer „Im Bereiche des Wechsels“ aus dieser Zeit bewirbt den Betrieb mit „billigster Verpflegung und Passagierzimmer“. Das Selchwarengeschäft führte bestes Landgeselchtes und wandte sich so an die frühen Touristen: „Den P.T. Ausflüglern sei zur Proviantierung stets frischer Schinken, Wurstwaren, kalter Aufschnitt besonders empfohlen.“ Dass diese Fleischerei einst mit wundervoll ornamentierten Jugendstil-Fliesen des bekannten Herstellers von Keramikwaren „Villeroy & Boch“ aus Deutschland prächtig eingerichtet war, ist auf alten Fotos noch zu sehen. Die historische Wandverkleidung musste in den 60er Jahren weichen, sie passten nicht zur neuen Nutzung des Lokals in Form eines Supermarkts (Konsum). Das Eingangsportal weist heute noch auf diese Nutzung hin. Nachdem auch der Supermarkt geschlossen wurde, stand das Gebäude in den letzten Jahrzehnten leer. 

„Jugendstil-Fleischer“ übersiedeln … 

Derzeit zeugen aber immer noch zwei historische, lebensgroße Darstellungen von Fleischhauern an der Hauptstraße vom Geschäft. Die Darstellung der beiden Männer, umrahmt von Tierköpfen, Blumen und Jugendstil-Ornamenten, auf Keramikfliesen ist weit und breit einzigartig. Ein Blick auf dieses historische Schmankerl sei dringend empfohlen, denn sie werden früher oder später „übersiedeln“. Denn das Gebäude wird in den kommenden Jahren vom neuen Eigentümer, dem Aspanger Martin Winkler, in ein Wohnhaus mit mehreren leistbaren Wohnungen umgebaut. Aktuell ist man noch in der Konzept- und Planungsphase. Dass zwei Fleischer an der Fassade eher weniger dazu passen werden, ist verständlich. Die gute Nachricht: Sie werden behutsam abgenommen und gemeinsam mit den eingelagerten Fliesen der ehemaligen Fleischerei neue Abnehmer finden: Die Firma Meerkatz und Klein aus Maiersdorf an der Hohen Wand hat sich auf den Handel mit historischen Baustoffen spezialisiert. Und es gibt noch eine zweite gute Nachricht: Mit dem Kennenlernen der Firma Meerkatz und Klein sind wir auch gleich auf unseren nächsten „Lost Place“ gestoßen, der gerade aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsst wird. Genaueres werden wir in der nächsten Ausgabe mit Geschichten und Geschichte zur alten Spinnerei in Trattenbach berichten!

Aufruf
Wenn auch Sie ein vergessenes oder historisch interessantes Gebäude mit spannender Geschichte in der Buckligen Welt kennen, erzählen Sie uns davon!
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