Der „Bote“ sprach mit der neuen Landtagsabgeordneten Waltraud Ungersböck über ihre politische Karriere, ihre Arbeit in der Buckligen Welt und erste Erfahrungen als Teil der Niederösterreichischen Landespolitik. Foto: Rehberger

Bote: Sie haben die ersten paar Tage als Landtagsabgeordnete hinter sich, wie war es denn bis jetzt?

LAbg. Waltraud Ungersböck: Es war eigentlich auch schon vorher recht turbulent. Begonnen hat es Anfang Jänner. Ich bin am 2. Jänner angerufen worden, ob ich das machen möchte, und es war dann nur eine kurze Entscheidungsphase von zwei Tagen möglich. Das hat am Anfang natürlich auch sehr viel Wirbel in unsere Familie gebracht. Es sind sehr viele Entscheidungen angestanden, ob es sich mit der Landwirtschaft und meiner Familie vereinbaren lässt. Nachdem von mir die Zusage gekommen ist, ist es wirklich von null auf hundert losgegangen. Von da an war ich bei vielen Terminen in St. Pölten auch schon bei Klub- und Ausschusssitzungen dabei, um den ganzen Ablauf kennenzulernen. Seitdem die Leute davon wissen, werde ich auch zu vielen Veranstaltungen eingeladen. Überhaupt in der Faschingszeit war sehr viel los. 

Bote: Wie haben Sie Ihre politische Karriere begonnen?

Ungersböck: Ich bin jetzt seit 5 Jahren politisch aktiv. Begonnen habe ich ganz einfach als Fraktionsmitglied im Gemeinderat von Scheiblingkirchen-Thernberg für die Volkspartei. Ich war damals auch Gemeindebäuerin und bin angesprochen worden, ob ich mich engagieren möchte. Das war so ein stiller Beginn, um in das Politische einmal hineinzuschnuppern. Dann war ich auch im Ortsbauernrat aktiv, bin Kammerrätin geworden in der Bezirksbauernkammer Neunkirchen. Und so ist das schrittweise gewachsen. Bei der Landtagswahl 2018 habe ich dann als Spitzenkandidatin für den Bauernbund im Bezirk Neunkirchen kandidiert. 

Bote: Als Landespolitikerin steht man ein Stück weit auch im politischen Rampenlicht – und muss sich dafür eine dicke Haut zulegen. Haben Sie die schon?

Ungersböck (schmunzelt): Die Haut ist noch sehr dünn, aber eines stimmt auf jeden Fall: Man wird beobachtet. Das muss einem auch erst bewuss werden, und das war mir auch damals klar, als ich meine Entscheidung getroffen habe. Du wirst beobachtet und du gibst eigentlich dein bisheriges Leben auf. Egal wann man aus dem Haus geht, jeder sieht einen mit anderen Augen an, man ist kein privater Mensch mehr. Gerade jetzt am Anfang ist sicherlich auch noch mehr Interesse da und das wird auch wieder etwas weniger werden, aber das gehört dazu. Ich bin der Meinung, eine Politikerin soll ja auch das Interesse der Bevölkerung wecken und für die Öffentlichkeit, für die Menschen da sein. 

Bote: Sie hatten wenig Zeit, sich auf Ihre neue Aufgabe vorzubereiten. Haben Sie sich Tipps von den Kollegen aus der Region (Anm: LAbg. Hermann Hauer und LAbg. Franz Rennhofer) geholt?

Ungersböck: Das habe ich gemacht. Ich habe nicht nur viele Tipps bekommen, sondern sie haben mir auch sehr geholfen. Das fängt schon damit an, sich in St. Pölten vor Ort zurechtzufinden und zu wissen, wo welche Sitzungen stattfinden. Es war aber auch eine Hilfestellung, um zu sehen, welche Abläufe es gibt. Das war ganz wichtig für mich, dass es da jemanden gibt, den man Fragen kann.

Bote: Mit Hermann Hauer und Ihnen gibt es nun zwei ÖVP-Abgeordnete im Bezirk Neunkirchen. Wie werden Sie sich die Arbeit künftig aufteilen?

Ungersböck: Zu Beginn werden wir sehr viel gemeinsam machen, damit mich die Menschen besser kennenlernen können. Im bäuerlichen Bereich kennt man mich bereits, aber in den anderen Bereichen nicht so gut. Später werden wir uns aber die Arbeit aufteilen.

Bote: Sie kommen aus dem landwirtschaftlichen Bereich und haben mit dem Verein „Die Bäuerinnen“ ein hervorragendes Netzwerk hinter sich. Was sind in diesem Bereich die wichtigsten Themen, die Sie als Abgeordnete einbringen möchten?

Ungersböck: Für mich steht die Region an erster Stelle. Man wird als Abgeordnete gewählt, damit man die Entwicklung einer Region vorantreibt. Da gibt es einiges zu tun. Angesprochen auf die Bäuerinnen: Es ist beispielsweise nach wie vor so, dass es die Frauen schwerer haben. Nicht nur im landwirtschaftlichen Bereich, sondern alle. Frauen spielen aber für mich eine Schlüsselrolle. Das ist in einem Betrieb, aber auch in einer Gemeinde und in der ganzen Region so. Wenn es den Frauen gut geht, wenn diese sich entwickeln und entfalten können, dann geht etwas weiter. Wir sind eine ländliche Region und hier geht es etwa darum, es zu schaffen, dass die Frauen hierbleiben und nicht in die Stadt ziehen. Sicher, man macht eine Ausbildung, aber dann geht es darum, dass die Frauen hier arbeiten können, dass eine entsprechende Infrastruktur wie Schulen oder Kindergärten, aber auch die Möglichkeit, von zuhause aus zu arbeiten, vorhanden sind. Dann bleibt sie da, und dann sind auch die Familie und die Kinder da. Ist die Frau einmal weg, dann ist auch die ganze Familie weg. Das ist eine große Aufgabe, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.

Bote: Welche Rahmenbedingungen wären das?

Ungersböck: Das ist in erster Linie das Thema Digitalisierung, dass dieser Ausbau schneller vorangeht. Dann haben auch Frauen mit anspruchsvolleren Berufen die Möglichkeit, neben den Kindern, von zuhause aus zu arbeiten. Ganz entscheidend ist auch das Thema Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel. Wir sind im südlichen Niederösterreich eigentlich schon sehr gut aufgestellt, es gibt aber dennoch Verbesserungsbedarf. 

Bote: Was sind Ihre wichtigsten Themen für die Landwirtschaft?

Ungersböck: Die Landwirtschaft kämpft momentan mit dem Klimawandel, so wie auch andere Teile der Bevölkerung. Aber in der Landwirtschaft, wo man von ständigen Trockenphasen, Starkregenfällen oder Waldsterben betroffen ist, muss man sich die Frage stellen, wie man das meistern kann, ohne dass die Landwirte nach der Reihe aufhören. Die Marktsituation ist ohnehin nicht sehr rosig, und mit dieser zusätzlichen Belastung ist die Landwirtschaft geschwächt. Es geht um Fragen der Bewirtschaftungsformen, wie es in Zukunft weitergehen kann. Nicht nur im Wald, sondern auch im Grünland. Andererseits geht es aber auch darum, wenn etwas passiert, wie man die Betroffenen auffangen kann. Viele unterschätzen, dass an der Landwirtschaft sehr viel hängt – vor allem auch der Tourismus. Von den Gästen, die zu uns in die Region kommen, hört man immer: „Bei euch ist es so schön!“ – das muss man sich bewusst machen, das ist nicht selbstverständlich. Das muss jemand machen, dass die Wälder und Wiesen in diesem Zustand sind, dass man diese Ausblicke genießen kann. Das sind eben die Landwirte und keine kommunalen Einrichtungen. 

Bote: Sie haben gesagt, sie haben in den letzten Wochen sehr viele Einladungen bekommen. Spüren Sie auch schon eine gewisse Erwartungshaltung aus der Bevölkerung?

Ungersböck: Momentan werde ich überall ganz freundlich und nett empfangen. Aber das wird wahrscheinlich noch kommen. Ich habe das aber schon immer so gehalten: Wenn ich jemandem helfen konnte, dann habe ich das auch getan. Als Politikerin ist man aber weder der Wunderwuzzi noch kann man zaubern. Aber alles, was im Rahmen meiner Arbeit möglich ist, werde ich auch tun.

Bote: Sie sind erst relativ kurz im Amt, können Sie schon abschätzen, ob sich Ihre politische Arbeit mit der Arbeit in Ihrem landwirtschaftlichen Betrieb vereinbaren lässt?

Ungersböck: Derzeit ist es so, dass ich auch im Betrieb noch sehr stark eingebunden bin und auch sein muss. Momentan ist es schon ein Hin- und Herhetzen zwischen Stall und Büro und Telefonaten und St. Pölten und Gemeinde. So kann es nicht bleiben. Das ist jetzt eine kurze Übergangsphase, bis jetzt im März unser Sohn in den Betrieb einsteigt. Da erhoffe ich mir, dass ich mich etwas mehr freispielen kann.

Bote: Landtagsabgeordnete ist also ein Vollzeitjob?

Ungersböck: Auf alle Fälle. Wenn man das ordentlich machen will, dann ja. Man sollte dann auch wirklich bei den Menschen draußen sein, bei den Sitzungen und auch bei den Terminen, zu denen man eingeladen wird. Das ist ein wesentlicher Punkt, denn nur so sieht man, was bei den Menschen los ist, wo der Schuh drückt. So wie ich es die letzten Jahre auf Gemeinde- oder Bezirksebene gemacht habe. Es hat sich der Radius vergrößert, aber grundsätzlich werde ich so weitermachen.

Bote: Sehen Sie es auch als Chance für Ihre Region, Dinge zu erreichen, die vorher nicht möglich waren?

Ungersböck: Selbstverständlich, jeder zusätzliche Mandatar aus der Region ist eine zusätzliche Chance, mehr zu erreichen.

Bote: Wie würden Sie sich selbst als Politikerin beschreiben?

Ungersböck: Grundsätzlich gehe ich Dinge sehr pragmatisch an. Das, was auf mich zukommt, das wofür ich mich zuständig fühle, dafür setze ich mich auch ein. Ich versuche – auch bei Konflikten – ruhig zu bleiben. Ich kann aber auch klar meinen Standpunkt vertreten. Dabei ist mir aber wichtig, dass die Mehrheit dahintersteht. Wir leben in einer Demokratie und das, was die Mehrheit will, das sollte auch umgesetzt werden. Wenn die eigene Meinung eine andere ist, dann muss man bereit sein, diese hintanzustellen und die Mehrheit vertreten. 

Bote: Ist Politik ein Job, der Ihnen Spaß macht?

Ungersböck: Natürlich, sonst hätte ich dieses Angebot nicht angenommen. Wichtig ist dabei: Man muss die Menschen gerne haben, das ist bei mir der Fall. Ich bin ein sozialer Typ, ich brauche ein Netzwerk und Kontakte. Das ist eine Grundvoraussetzung, die man haben muss. Und dann macht die Arbeit auch Spaß. Und ich arbeite auch gerne für die Menschen.

Biografie:

  • Waltraud Ungersböck stammt ursprünglich aus Bad Schönau
  • Seit 1997 betreibt sie mit ihrem Mann einen Milchviehbetrieb in Scheiblingkirchen-Thernberg
  • Die Mutter von drei Kindern ist Seminarbäuerin, ihr Hof ist Schule am Bauernhof-Betrieb
  • Seit 2015 ist Ungersböck Gemeindebäuerin und Kammerrätin in der Bezirksbauernkammer Neunkirchen
  • Seit 2019 ist sie Gemeinderätin in Scheiblingkirchen-Thernberg
  • Hobbys: musizieren (Steirische Harmonika) und Gartenarbeit

Foto: Rehberger