Das Sägewerk der ehemaligen „Steffelmühle“ / Foto: Steinbichler

Vor über einem Jahr berichteten wir schon einmal aus dem „Tal der sieben Mühlen“, der Spratzau: Damals durfte unser Fotograf Markus Steinbichler einen Blick in die letzte erhaltene Mühle, die Doplermühle werfen. Das Sägewerk einer ehemaligen Sägemühle liegt aber noch am „Praterstern“ im Dornröschenschlaf. Eine kleine Tafel an der Holzwand verweist auf den nahe gelegenen Tschudihof – der ebenfalls eine spannende Geschichte zu erzählen hat.

Mühlen gehörten früher zu den Bauernhöfen der Region wie der Viehstall und der Heuboden. Damals wurde alles in unmittelbarer Nähe der Höfe verrichtet und verarbeitet. So war es auch im „Tal der sieben Mühlen“, der Spratzau bei Lichtenegg. Unter diesem Namen fand das Tal des Spratzbaches Eingang in die ersten Wanderführer der Buckligen Welt. Die klappernden Mühlen am rauschenden Bach verliehen dem Tal einen „lieblichen“ Charakter; es wurde ein lohnendes Ausflugsziel für die Sommerfrischler aus Edlitz, Wiesmath oder Scheiblingkirchen. Die Mühlen – es waren rund um das Tal wesentlich mehr als sieben – wurden vom Wasser des Baches angetrieben, einer niemals versiegenden Energiequelle.

Bretter aus dem eigenen Wald

Die Mühlen dienten nicht nur zum Mahlen von Getreide, viele hatten auch noch andere Funktionen: etwa als Ölstampf zur Gewinnung von Leinöl, das aus Leinsamen, den reifen Samen des Flachs, gepresst wurde. Eine solche „Leinölstampf“ ist heute noch im Museumsdorf Krumbach zu sehen. Viele Mühlen wurden später zur Stromgewinnung mit Generatoren versehen. Lange bevor die ersten Stromleitungen über die Buckel gespannt wurden, sorgten sie damit für die Elektrifizierung der Höfe.
Nahezu alle Mühlen in der Spratzau wurden auch als Sägemühlen genutzt, in denen das Holz aus dem eigenen Wald weiterverarbeitet wurde. Säge und Ölstampf gab es um 1850 auch in der Steffelmühle am sogenannten „Praterstern“, einer markanten Kreuzung in der westlichen Spratzau. Allerdings blieb nur das Sägewerk erhalten, heute gehört es zum Tschudihof.

Der Tschudihof und sein besonderer Holzerker

Der stolze alte Dreiseithof über dem Talgrund ist in alten Karten noch als Kornfehlhof verzeichnet, später war er als Jakobshof bekannt. Zu seinem Namen kam er im Jahr 1952, als er nach einem berühmten Besitzer benannt wurde: Johann Jakob Tschudi. 1818 in der Schweiz geboren, war er im Lauf seines Lebens Arzt, Diplomat, Universalgelehrter und nicht zuletzt Forschungsreisender. Als solcher unternahm er ab 1838 mehrere Weltreisen und waghalsige Expeditionen.
Um 1848 verschlug es Tschudi nach Wien, wenig später erwarb er den Kornfehlhof als ruhigen Landsitz, im Arbeitszimmer im Dachgeschoss entstanden bis zu seinem Tod zahlreiche weitere Werke. Tschudi starb 1889 auf seinem Hof und liegt auf dem Lichtenegger Friedhof begraben. Bis heute erinnern einige Besonderheiten rund um den Tschudihof an seinen ehemaligen Besitzer: Rundherum sind exotische Bäume und Pflanzen zu finden, ein prachtvoll verzierter Holzerker schmückt den Giebel des Hofes. Das Holz dafür wurde vielleicht in einer Sägemühle ganz in der Nähe verarbeitet.

Sägemehl, Spinnweben und der Zahn der Zeit

Das Sägewerk selbst wirkt heute von außen eher unscheinbar, im Inneren beeindrucken jedoch die alten schweren Maschinen: Mit großen Gattersägen, die anfangs mit Wasserkraft angetrieben wurden, konnten die Baumstämme in Bretter zersägt werden. Kreis- und Handsägen oder Hobelmaschinen dienten zur Weiterverarbeitung des Holzes. Das Untergeschoß diente zur Aufnahme des Sägemehls und der Sägespäne, die bei der Holzverarbeitung anfielen und oft als Einstreu im Stall Verwendung fanden. Vor einigen Jahren wurde der Betrieb der Säge eingestellt, denn es war einfacher und günstiger geworden, je nach Bedarf fertiges Bauholz zuzukaufen und anzuliefern. Seither stehen die Sägen still, die Maschinen, Sägeblätter und Werkzeuge dämmern wie im Dornröschenschlaf unter einer dünnen Schicht aus Sägemehl und Spinnweben vor sich hin.

Aufruf

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Fotos: Steinbichler