Micha­el Huber bei Frei­le­gungs­ar­bei­ten einer Kir­che. / Foto: Huber

Micha­el Huber aus Wie­ner Neu­stadt unter­richt eigent­lich Latein, manch­mal auch Grie­chisch im Gym­na­si­um Sach­sen­brunn. Doch die wenigs­ten wis­sen, dass er auch neun Semes­ter klas­si­sche Archäo­lo­gie stu­diert hat und an eini­gen Aus­gra­bun­gen betei­ligt war. Bis heu­te geht er der Erfor­schung der „ver­gra­be­nen Geschich­te“ nach.

Wiss­be­gie­rig war Micha­el Huber schon in sei­ner Kind­heit. „Mei­ne Eltern weck­ten durch den Besuch von Kir­chen und Bur­gen in einer kind­ge­rech­ten Art schon früh mein Inter­es­se für Kunst und Geschich­te“, erin­nert sich Huber. Nach­dem er in der vier­ten Klas­se das Buch „Ver­sun­ke­ne Städ­te“ gele­sen hat­te stand für ihn fest, Archäo­lo­gie stu­die­ren zu wol­len (neben den Spra­chen Latein und Griechisch).

Wäh­rend sei­ner Stu­di­en­zeit gab es ver­pflich­ten­de Lehr­gra­bun­gen. „Hier lernt man alles, was auf einer Gra­bung zu tun ist, wie zum Bei­spiel die Ein­tei­lung der Gra­bungs­flä­che, die Anla­ge soge­nann­ter Such­schnit­te (Gra­ben, der durch ein Gelän­de gezo­gen wird, um zu erui­ren, was sich in einer bestimm­ten Flä­che ver­ste­cken könn­te), das Zeich­nen von Schicht­pro­fi­len, das Archi­vie­ren von Fun­den, das Ver­mes­sen von Mau­ern und vie­les mehr“, erklärt Huber. „Danach ver­sucht man natür­lich, an mög­lichst vie­len öffent­li­chen Gra­bun­gen teil­zu­neh­men, um Erfah­run­gen zu sam­meln und Kon­tak­te zu wis­sen­schaft­li­chen Insti­tu­tio­nen zu knüp­fen“, denkt Huber an die span­nen­de Zeit zurück.

Per­sön­li­che Highlights

„Ich hat­te das Glück, einen her­vor­ra­gen­den Wis­sen­schaft­ler vom Lan­des­mu­se­um Kärn­ten ken­nen­zu­ler­nen. Bis heu­te sind wir freund­schaft­lich mit­ein­an­der ver­bun­den“„ freut sich Huber. Mit ihm nahm er an meh­re­ren Gra­bun­gen in Süd­kärn­ten sowie am Pelo­pon­nes teil.

„In Lou­soi, einer anti­ken grie­chi­schen Stadt auf 1.000 Metern See­hö­he, gra­ben öster­rei­chi­sche Archäo­lo­gen schon seit Ende des 19. Jahr­hun­derts und es gibt immer wie­der erstaun­li­che Fun­de“, so Huber.

In Süd­kärn­ten grub er gemein­sam mit besag­tem Wis­sen­schaft­ler früh­christ­li­che Kir­chen aus, in denen sie inter­es­san­te Objek­te wie Säu­len, Mosai­ke, Wand­ma­le­rei­en gefun­den haben. „Aber auch das Suchen mit einem Metall­such­ge­rät kann aben­teu­er­lich anmu­ten, wenn man auf eine Mün­ze oder eine klei­ne Bron­ze­fi­gur stößt oder ein stein­zeit­li­ches Stein­beil fin­det wie damals im Möll­tal oder eine römi­sche Inschrift liest, die vor 1.700 Jah­ren in der Erde ver­sun­ken ist und jetzt wie­der auf­taucht“, schwärmt Huber.

Aber auch in der Gruft der Fürs­ten von Por­cia in der Nähe von Spit­tal an der Drau wur­de er mit sei­nem Team fün­dig. „Dort befan­den sich meh­rer Sär­ge mit Ske­let­ten, Beklei­dung und Grab­bei­ga­ben aus dem 17. und 18. Jahr­hun­dert.“ Eher zufäl­lig gefun­den hat er ein win­zi­ges Inschrif­ten-Frag­ment auf einer Matu­ra­rei­se in Athen auf einer „Gstät­ten“. Auf einem Wan­der­weg in der Buck­li­gen Welt fand er ein­mal eine Mün­ze von Kai­ser Franz I.

Lehr­amt als siche­rer Job

Da aber mit der Archäo­lo­gie nicht wirk­lich ein gesi­cher­tes Ein­kom­men ins Haus stand, beschloss er, sei­ne bei­den ande­ren Stu­di­en­fä­cher zum Brot­be­ruf zu machen. So unter­rich­tet Huber seit 1994 in Sach­sen­brunn Latein und manch­mal auch Grie­chisch. „Das waren immer beson­de­re Erleb­nis­se, da die­ser Gegen­stand in ganz klei­nen Grup­pen unter­rich­tet wer­den darf und jedes Mal mit einer abschlie­ßen­den Rei­se nach Grie­chen­land gekrönt wur­de.“ Zwei­mal führ­te er sogar als unver­bind­li­che Übung einen Archäo­lo­gie­kurs durch.

Im All­ge­mei­nen ver­sucht er sei­nen Schü­lern ein ganz­heit­li­ches Bild der Anti­ke zu ver­mit­teln. „Im Latein­lehr­plan fin­det sich das The­ma ‚All­tags­le­ben‘; hier erfah­ren die Schü­ler, wie ein Römer von der Wie­ge bis ins Grab gelebt hat. Als Höhe­punkt machen wir fast jedes Jahr ein Pro­jekt ‚ Römi­sches Kochen‘.“

Wis­sens­ver­mitt­ler

Im zwei­ten Latein­jahr steht eine Exkur­si­on nach Car­nun­tum auf dem Pro­gramm, manch­mal auch Rei­sen nach Rom. „Ein­mal besuch­ten wir eine Römer­stein­samm­lung in Leib­nitz und zwei­mal im Jahr gibt es unver­bind­li­che Übun­gen, zum Bei­spiel auf den Burg­berg von Pit­ten, nach Kärn­ten oder einen Work­shop im Muse­um Neun­kir­chen mit der Wis­sen­schaft­le­rin des Jah­res 2011.“

„Frü­her wur­de Archäo­lo­gie immer wie­der mit ‚Schatz­grä­be­rei‘ in Ver­bin­dung gebracht. Das war im 15. und 16. Jahr­hun­dert wahr­schein­lich auch rich­tig, aber seit­her wur­den die Metho­den ver­fei­nert und es geht eher um den Erkennt­nis­ge­winn als um den Fund selbst“, erklärt Huber. „Heut­zu­ta­ge wird die Zusam­men­ar­beit mit Natur­wis­sen­schaft­lern for­ciert, auch muss sich Archäo­lo­gie ‚rech­nen‘; das gelun­gens­te Bei­spiel ist mei­ner Mei­nung nach Carnuntum.“

Der Ver­gan­gen­heit nahe

„Man bekommt ein Gespür dafür, dass die Ver­gan­gen­heit gar nicht so ver­gan­gen ist, son­dern dass die Spu­ren der Geschich­te all­ge­gen­wär­tig sind und dass die Gegen­wart ohne die Ver­gan­gen­heit nicht begreif­bar ist“, so Huber.
Dann zitiert er den bri­ti­schen Archäo­lo­gen Sir Mor­ti­mer Whee­ler: „Wenn sich ein roter Faden durch das Bemü­hen der Archäo­lo­gen zieht, so das Behar­ren dar­auf, dass er nicht Din­ge aus­gräbt, son­dern Men­schen.“ Die Kennt­nis der Ver­gang­heit kön­ne dabei hel­fen, einem davor zu bewah­ren, sich und die eige­ne Zeit für zu wich­tig zu nehmen.