Foto: Stein­bich­ler

Wer bei Schwar­zen­bach die sanft nach Osten aus­lau­fen­den Hügel betrach­tet, ahnt viel­leicht gar nicht, was in ihren stil­len grü­nen Laub­wäl­dern ver­bor­gen liegt: eine der größ­ten kel­ti­schen Sied­lun­gen im gesam­ten Ost­al­pen­raum! Die his­to­ri­sche Wall­an­la­ge zeich­net sich heu­te noch ein­deu­tig im Gelän­de ab. Ein nach Metho­den der expe­ri­men­tel­len Archäo­lo­gie gestal­te­tes Frei­licht­mu­se­um und das weit­hin bekann­te Kel­ten­fest laden gro­ße und klei­ne Besu­cher dazu ein, in die All­tags­welt der Eisen­zeit vor rund 2.200 Jah­ren einzutauchen.

Die Gemein­de Schwar­zen­bach liegt an der öst­li­chen Lan­des­gren­ze Nie­der­ös­ter-
reichs zum Bur­gen­land und damit geo­gra­fisch an der Pfor­te vom fla­chen Ober­pul­len­dor­fer Becken in die Buck­li­ge Welt. Die mar­kan­te Erhe­bung namens Königs­bü­hel ober­halb von Schwar­zen­bach (auch unter dem Flur­na­men „Burg“ bekannt) war in vie­ler­lei Hin­sicht ide­al für die ers­ten Sied­ler: Das Hoch­pla­teau bot genü­gend Platz für ein „Oppi­dum“ – so nann­ten die Römer befes­tig­te Land­sied­lun­gen der Kel­ten, die durch­aus die Grö­ße dama­li­ger Städ­te mit rund 2.000 Ein­woh­nern erreich­ten. Steht man heu­te am Königs­bü­hel, sieht und spürt man sofort, dass dies ein idea­ler Sied­lungs­platz war: Von hier aus hat man einen 360-Grad-Rund­um­blick über die Umge­bung und eine atem­be­rau­ben­de Aus­sicht bis weit ins bur­gen­län­di­sche Flach­land hin­ein. Umge­ben war die Stadt mit einer Wall­an­la­ge, die aus einem heu­te noch im Gelän­de sicht­ba­ren Gra­ben und einer mas­si­ven Pfos­ten­schlitz­mau­er samt befes­tig­tem Zan­gen­tor in typisch kel­ti­scher Bau­wei­se bestand.

Leben und Arbei­ten in der kel­ti­schen Stadt

Inner­halb die­ser Wallan­lan­ge mit einem Aus­maß von rund 300 mal 500 Metern lag die kel­ti­sche Stadt auf einer Flä­che von 15 Hekt­ar. Im tie­fer gele­ge­nen Are­al (in etwa im Bereich des heu­ti­gen Kel­ten­fest-Gelän­des) waren die Arbeits­stät­ten der eisen­ver­ar­bei­ten­den Hand­wer­ker ange­sie­delt, auf der Anhö­he rund um den 1999 errich­te­ten Muse­ums-
turm befan­den sich die Wohn- und Neben­ge­bäu­de. Hier leb­ten und arbei­te­ten zur Hoch­blü­te der Sied­lung in der La-Tène-Zeit zwi­schen 200 vor und 50 nach Chris­tus Kel­ten.
Sie betrie­ben mit den zeit­gleich bestehen­den Sied­lun­gen in Velem-Szent­vid und Sopron-Vár­he­ly (bei­de in Ungarn) regen Han­del mit Roh­stof­fen für das berühm­te und qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge nori­sche Eisen. In Schwar­zen­bach wur­de es zu Werk­zeu­gen, Schmuck und Mes­sern ver­ar­bei­tet, womit die Kel­ten wie­der­um wei­ter­han­del­ten. Alles, was im All­tag der frü­hen Sied­ler benö­tigt wur­de – Gär­ten, Vieh­stäl­le, Brot­back- und Kera­mik­brenn­öfen, Spei­cher für Getrei­de und Lebens­mit­tel –, war rund um die Wohn- und Schlaf­häu­ser im Schutz der Wall­an­la­ge angeordnet.

Die Fund­stel­le „Burg“ war zwar bereits in den 1920er-Jah­ren bekannt, wur­de aber erst Anfang der 1990er-Jah­re unter Schutz gestellt, wor­auf­hin mit der archäo­lo­gi­schen Unter­su­chung durch die Uni­ver­si­tät Wien begon­nen wur­de. Rund vier Pro­zent der Flä­che wur­den bis­lang erst ergra­ben, die gro­ße Anzahl an Fund­stü­cken beweist jedoch die Bedeu­tung der Sied­lung. Fun­de rei­chen bis zur Jung­stein­zeit und Bron­ze­zeit zurück. Bemer­kens­wert ist der Lang­zeit­cha­rak­ter des Pro­jekts: Die For­scher sind bis heu­te mit inter­dis­zi­pli­nä­ren Teams und dem Ansatz der expe­ri­men­tel­len Archäo­lo­gie an der Arbeit. Dies bedeu­tet, dass nicht nur nach Fun­den gegra­ben wird, son­dern dar­aus auch prak­ti­sches Wis­sen über die Lebens- und Arbeits­welt der Kel­ten abge­lei­tet wird. Die­ses wird dazu genutzt, um mit den damals ver­wen­de­ten Werk­zeu­gen die alten Arbeits­wei­sen nach­zu­emp­fin­den und aus­zu­pro­bie­ren, etwa beim Bau der Holz­häu­ser. Dabei wur­den unter­schied­li­che Gebäu­de in Holz­rie­gel- und Block­bau­wei­se errich­tet. Typi­sche Dach­de­ckun­gen aus Schilf, Baum­rin­de oder Holz­schin­deln wur­den eben­so erprobt wie Hüt­ten­wän­de aus Wei­den­ge­flecht und Lehm­putz – viel­fach Ele­men­te einer Bau­kul­tur, die in der Buck­li­gen Welt und im Bur­gen­land noch jahr­tau­sen­de­lang bis in die 1950er-Jah­re in Ver­wen­dung war.

Das Kel­ten­dorf als Familien-Erlebnis

Das 2005 offi­zi­ell eröff­ne­te Frei­licht­mu­se­um bie­tet einen leben­di­gen Ein­blick in das Leben der Kel­ten. Es besteht aus sie­ben rekon­stru­ier­ten Bau­ten wie dem Fürs­ten­haus, dem Hand­wer­ker­haus und dem Schlaf­ge­bäu­de. Im Haus der archäo­lo­gi­schen Fun­de über­rascht eine modern auf­be­rei­te­te Aus­stel­lung mit Aus­gra­bungs­stü­cken und einem Video über die Kel­ten­stadt. Doch die Gemein­de Schwar­zen­bach rund um Bür­ger­meis­ter Bernd Reh­ber­ger arbei­tet wei­ter dar­an, eine ganz­jäh­rig attrak­ti­ve Erleb­nis­ge­mein­de für die gan­ze Fami­lie zu schaf­fen: Ein Rund­wan­der­weg ver­bin­det meh­re­re Sehens­wür­dig­kei­ten in der Gemein­de und führt auch zum Kel­ten­dorf. Hier wur­de ein Strei­chel­zoo mit Hasen, Hüh­nern und Gän­sen ange­legt, etli­che frei­lau­fen­de Pfaue posie­ren als Foto­mo­tiv. Der Muse­ums-
turm wur­de 2020 um das Turm­ca­fé erwei­tert, der­zeit erfolgt ein wei­te­rer Aus­bau mit Even­traum, Ter­ras­se und Shop für regio­na­le Pro­duk­te. Das Frei­licht­mu­se­um ist seit 1. April wie­der frei zugäng­lich, am 1. Mai wird das Turm­ca­fé neu eröff­net. Das Kel­ten­dorf soll künf­tig viel­sei­tig genutzt wer­den kön­nen: für Hoch­zei­ten, Fei­ern, Semi­na­re oder Schul­ver­an­stal­tun­gen. Heu­er kann nach zwei­jäh­ri­ger pan­de­mie­be­ding­ter Pau­se auch wie­der das Kel­ten­fest vom 17. bis 19. Juni stattfinden.

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