Ein his­to­ri­sches Juwel mit­ten im Ortskern

Die alten, urtüm­li­chen Bau­wer­ke der Buck­li­gen Welt haben es unse­rem Foto­gra­fen Mar­kus Stein­bich­ler beson­ders ange­tan: Kommt er in einen Ort, gilt sein größ­tes Inter­es­se und Augen­merk immer den ältes­ten Häu­sern. In man­che davon war er sogar schon als Kind ver­liebt, wie ins „See­ba­cher-Haus“, eines der ursprüng­lichs­ten Gebäu­de Zöberns. Der lang­ersehn­te Blick ins Inne­re – vom Kel­ler bis zur Dach­kam­mer – wur­de für ihn zu einer rich­ti­gen Zeitreise!

„Ich erin­ne­re mich noch genau, wie ich als klei­ner Bub immer an der Auto­schei­be gepickt bin, wenn wir durch Zöbern fuh­ren“, schmun­zelt Mar­kus Stein­bich­ler über sei­ne Kind­heits­er­in­ne­run­gen. Und dort wur­de stets Aus­schau nach die­sem schö­nen alten Bau­ern­haus gehal­ten. „Ich hab’ mich immer gefreut, wenn ich es ent­deck­te, denn die­ses Gebäu­de wirk­te so anders als die ande­ren Zöber­ner Häu­ser: Es strahl­te seit jeher eine beson­de­re Ruhe, Gebor­gen­heit und Gemüt­lich­keit aus.“ Schon sei­ne Kin­der­au­gen blie­ben am run­den Tor­bo­gen, an den klei­nen Stu­ben­fens­tern und an der war­men brau­nen Holz­fas­sa­de hän­gen. Jahr­zehn­te spä­ter hat sich nicht viel dar­an geän­dert, außer dass er sich nun mit den Augen des Foto­gra­fen auf die Suche nach sol­chen idyl­li­schen his­to­ri­schen und regi­ons­ty­pi­schen Gebäu­den macht.

Wie frü­her gebaut, gewohnt, gear­bei­tet wurde

Es gibt sie ver­ein­zelt noch: die schö­nen alten, ursprüng­li­chen Bau­ern­häu­ser der Buck­li­gen Welt – wie auch das „See­ba­cher-Haus“ eines ist. Ein­fa­che Block­häu­ser aus Holz auf einem stei­ner­nen, weiß gekalk­ten Sockel, mit ange­bau­ten Stäl­len aus dicken Mau­ern und Most­kel­lern mit star­ken Gewöl­ben. Dane­ben höl­zer­ne Heu­sta­del und Vieh­stäl­le, ver­ein­zelt noch ande­re nütz­li­che Neben­räu­me wie Selch­kam­mer oder Werkstatt. 

Über vie­le Jahr­hun­der­te präg­ten die­se urtüm­li­chen Bau­wer­ke die bäu­er­li­che Land­schaft der Regi­on. Erst seit der Nach­kriegs­zeit wur­den vie­le Höfe nach und nach erwei­tert, umge­baut, über­formt, moder­ni­siert oder viel­fach auch durch Neu­bau­ten ersetzt, um für ihre Besit­zer zeit­ge­mä­ßes Woh­nen und Arbei­ten zu ermög­li­chen. Man­che Höfe fie­len aber auch in eine Art Dorn­rös­chen­schlaf, um so der Nach­welt erhal­ten zu blei­ben und hof­fent­lich eines Tages in fri­scher Blü­te wie­der erwa­chen zu dür­fen. In so einem Dorn­rös­chen­schlaf lie­gen auch gro­ße Tei­le des See­ba­cher-Hau­ses, das zwar nicht mehr dau­er­haft bewohnt, aber von den Besit­zern seit Gene­ra­ti-onen lie­be­voll gepflegt und erhal­ten wird. 

Seit rund 150 Jah­ren ist es in Fami­li­en­be­sitz, dabei ist es noch wesent­lich älter: Das Dehio-Hand­buch für Kunst­denk­mä­ler datiert den Vier­seit­hof mit der Adres­se Haupt­stra­ße 3 (frü­her: Zöbern Nr. 6) ins 18. Jahr­hun­dert. Im Fran­zi­szei­schen Katas-ter, der ab 1817 für alle Lie­gen­schaf­ten Öster­reichs ange­legt wur­de, ist der Hof bereits in der heu­te noch erhal­te­nen Form ein­ge­zeich­net. Erst ab 1877 lässt sich mit einem Kauf­ver­trag, der bis heu­te auf­be­wahrt wird, die Geschich­te des Hau­ses genau­er nach­zeich­nen: Damals erwarb Karl Wag­ner den Bau­ern­hof. Er war außer­dem Wag­ner­meis­ter, wie im Übri­gen auch sein Vater Johann Franz Wag­ner, der aus Ben­nisch in Schle­si­en in die Buck­li­ge Welt ein­ge­wan­dert war – dies zeigt auch, dass damals oft die Berufs­be­zeich­nung zum Fami­li­en­na­men wur­de. Karl Wag­ners Sohn Franz betrieb um 1900 als Kauf­mann einen Gemischt­wa­ren­la­den im Hof. Alte Ansichts­kar­ten von Zöbern aus die­ser Zeit zei­gen den Vier­seit­hof im bis heu­te erhal­te­nen Zustand, aller­dings noch mit dem für damals typi­schen Stroh­dach. In der Fami­lie wird über­lie­fert, dass es auch eine klei­ne Gast­stu­be im Hof gab. Außer­dem gehör­ten die Wag­ner-Werk­statt, Vieh­stäl­le und ein Heu­sta­del zum Ensem­ble – alles ist immer noch vor­han­den. Franz Wag­ners Sohn (er trug eben­falls den Vor­na­men Franz) über­sie­del­te das Kauf­haus Anfang der 1930er-Jah­re ins damals neu erbau­te Nach­bar­haus. Der Hof ging auf sei­ne Schwes­ter, eine ver­ehe­lich­te See­ba­cher, über – seit damals ist er im Ort als „See­ba­cher-Haus“ bekannt. 

Ein lang­ersehn­ter Hausbesuch

Als sich die­sen Som­mer für Mar­kus Stein­bich­ler die Türen zu die­sem ein­zig­ar­ti­gen Haus öff­ne­ten, ging für ihn ein lang-
ersehn­ter Wunsch in Erfül­lung. Der Besuch wur­de zu einer span­nen­den Ent­de­ckungs­rei­se: Eini­ge Wohn­räu­me sind noch ein­ge­rich­tet und zeit­wei­se bewohnt, in der Holz­stu­be mit dem mäch­ti­gen „Duri­zug“ – dem Durch­zugs­baum, der die Holz­de­cke trägt – wer­den Erin­ne­rungs­stü­cke und Fami­li­en-Hab­se­lig­kei­ten auf­be­wahrt. In den Sei­ten­trak­ten und Neben­ge­bäu­den gab es eine Viel­zahl von Räu­men zu ent­de­cken. Hier scheint die Zeit tat­säch­lich still­zu­ste­hen: Gewöl­be­kel­ler, klei­ne Stu­ben und Räu­me, gro­ße Heu­bö­den – alles, was ein statt­li­cher Bau­ern­hof mit Hand­werks­be­trieb frü­her so brauchte. 

Auf einem Dach­bo­den fand Stein­bich­ler dann ganz beson-dere Foto­mo­ti­ve: Holz­kis­ten, Farb­pa­let­ten und ande­re Gegen­stän­de aus der Gemischt­wa­ren­hand­lung und schließ­lich auch ein altes Schild mit der Auf­schrift „Franz Wagner’s Hand­lung“. Begeis­tert zieht er Resü­mee über sei­ne Buck­li­ge Zeit­rei­se ins See­ba­cher-Haus: „Bei Besu­chen an sol­chen Orten im Dorn­rös­chen­schlaf wird Geschich­te so rich­tig leben­dig! Die jahr­zehn­te­lang unver­än­dert geblie­be­nen Räu­me und die heu­te ana­chro­nis­tisch wir­ken­den Relik­te aus alten Zei­ten ver­set­zen einen so viel stär­ker zurück in die Ver­gan­gen­heit, als es Chro­ni­ken oder nüch­ter­ne Zah­len und Fak­ten tun können.“

Auf­ruf: 

Wenn auch Sie einen his­to­risch inter­es­san­ten Ort oder ein ver­las­se­nes Gebäu­de mit span­nen­der Geschich­te in der Regi­on ken­nen, erzäh­len Sie uns davon: redaktion@​bote-​bw.​at

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