Foto: Seidl

Das ist die Fortsetzung meiner letzten Kolumne, in der es darum ging, woher Ideen kommen.

Also: Dieser geniale Gedanke, die zündende Idee ist nun da, auch wenn man nicht genau weiß, woher. Nun stellen sich zwei Fragen: Was macht man, um diesen Blitzschlag heraufzubeschwören? Und was tut man danach? Kreative Menschen neigen oft dazu, nur diesem Augenblick entgegenzufiebern. Zu warten. Das Geheimnis lautet aber: Wir Künstler sind Handwerker, wie Tischler oder Maurer, die einfach an ihrem Projekt arbeiten. Tag für Tag. Manchmal gibt es eine größere Inspiration, manchmal nicht. Das Schöne ist aber, dass sich die Einfälle häufen, je mehr man sich damit beschäftigt; Ideen mögen es, uns bei der Arbeit zu erwischen, wodurch man einen schönen Kreislauf erschaffen kann. Nehmen wir als Beispiel eine schöne, große, aufwendige Symphonie. Die Idee hinter dem Hauptthema, also die „Eingebung“, beträgt vielleicht fünf bis zehn Prozent, wenn überhaupt. Der Rest ist pures Handwerk und viel Arbeit. Ich mache das so: Wenn ich eine Idee hatte und mir vornehme, diese auszuarbeiten, kann ich mir sicher sein, dass noch fünf weitere daherkommen. Setze ich mich aber hin und warte auf einen Blitz, kann ich in Ruhe mit der Ausarbeitung beginnen, da dann bestimmt nichts Spannendes mehr passiert. Welch’ Ironie. Zu viele Ideen können die Produktivität auch hemmen und das Gleichgewicht zwischen dem Erschaffen und Ausarbeiten stören, weshalb ich empfehle, sie auf irgendeine Art und Weise zu notieren, aufzunehmen, zu zeichnen und sie etwas rasten zu lassen. Der zweite oder dritte Blick offenbart uns dann die Qualität des Einfalls. Hat er eine hohe Dringlichkeit, dann lässt er uns sowieso nicht los. Tun wir uns schwer, uns genau daran zu erinnern, kann er ruhig in der Schublade bleiben.

Herzlichst, Roman J. Schwendt
brief @ romanjosefschwendt.com