In unse­rer Serie „Mythen & Sagen“ machen wir uns auf die Suche nach Sagen, Legen­den und Mythen, die in der Regi­on ver­an­kert sind, unter­su­chen gemein­sam mit regio­na­len Exper­ten ihren Hin­ter­grund und gra­ben nach dem wah­ren Kern der Geschichten.

Die Fas­ten­zeit steht für Ver­zicht auf sonst belieb­te Spei­sen, mit Aus­nah­me des Sonn­tags. Frü­her wur­den daher die Bre­zeln für die gan­ze Woche auf einer Schnur auf­ge­fä­delt; pro Erwach­se­nem gab es eine Bre­ze pro Tag, für Kin­der die Hälf­te. So wird es in der Buck­li­gen Welt und im Wech­sel­land über­lie­fert. Wir haben uns die beson­de­re Tra­di­ti­on der Fas­ten­bre­ze angeschaut.

„Die Fas­ten­bre­ze ist ein cir­ca zehn bis 14,5 Zen­ti­me­ter gro­ßes Back­werk, wel­ches durch ein­fa­che Zuta­ten besticht“, so Bäcker­meis­ter Her­wig Dorf­stet­ter aus Mönich­kir­chen. Wei­zen- und Rog­gen­mehl, Was­ser, Salz und Hefe – viel mehr braucht es nicht. „Aller­dings hat im Lau­fe der Zeit jeder Bäcker ein eige­nes Bre­zen­re­zept kom­po­niert“, ist sich Dorf­stet­ter sicher. Rog­gen­mehl macht den Teig weni­ger zäh und nimmt mehr Was­ser auf, wodurch die Bre­zeln län­ger weich blei­ben. „Aus einem Teil des Mehls wird ein Dampf­el berei­tet, wel­ches sehr fest gehal­ten wird und nicht ganz aus­rei­fen muss. Danach wird der Teig gemischt, er soll­te sehr fest und kalt sein. Bre­zen dür­fen nicht zu schnell reif wer­den und der Teig darf nicht ras­ten, son­dern wird gleich wei­ter­ver­ar­bei­tet. Danach wird das Gebäck geformt“, klärt uns der Bäcker­meis­ter auf.

Eige­ne Zubereitung

Die Fas­ten­bre­zen wer­den nun auf Läden (Holz­bret­ter mit Lei­nen bespannt) zur Gare gestellt. „Sie muss, anders als bei Sem­merln & Co, sehr tro­cken und kühl ver­lau­fen. Dadurch trock­net die Teig­ober­flä­che aus und das Bre­zerl wird sta­bil“, erklärt der Bäcker­meis­ter. Danach wer­den die Bre­zen eine Minu­te im Was­ser gekocht und anschlie­ßend im Back­ofen sehr heiß und kurz fer­tig geba­cken. Im nie­der­ös­ter­rei­chi­schen und Wie­ner Raum wird das Fas­ten­bre­zerl nach dem Kochen mit einem Teig aus Wei­zen, Rog­gen­mehl, Salz und Was­ser bespritzt und erst danach im Back­ofen fer­tig geba­cken. „Heu­ti­ge moder­ne Back­öfen in der Bäcke­rei kön­nen mit Was­ser­dampf ein­ge­dampft wer­den; dadurch erhal­ten die Bro­te und Gebä­cke ihren schö­nen Glanz“, ver­rät Dorf­stet­ter.
Durch die­se Funk­ti­on wird heu­te vie­ler­orts auf das vor­he­ri­ge Kochen ver­zich­tet und die Bre­zen wer­den in einer Atmo­sphä­re aus Was­ser­dampf gebacken.

Belieb­tes­tes Backwerk

„Auch wenn wir uns heu­te nicht mehr so genau an die kirch­lich kuli­na­ri­sche Anord­nung in der Fas­ten­zeit hal­ten, ist das Fas­ten­bre­zerl eines der belieb­tes­ten Back­wer­ke, wel­ches wir für unse­re Kun­den im Jah­res­ver­lauf her­stel­len“, ist sich Dorf­stet­ter sicher. Sein per­sön­lich ältes­tes Rezept für Sud­bre­zel steht in einem Fach­buch „Die Wie­ner und öster­rei­chi­sche Bäcke­rei“ von Mat­thi­as Tschei­ning aus dem Jah­re 1913 in Kurr­ent­schrift verfassts.

Wie die Bre­ze zu ihrem Aus­se­hen kam

Frü­her wur­den Bäcker, wel­che ein zu leich­tes oder unge­nieß­ba­res Brot her­stell­ten und den­noch ver­kauf­ten, mit dem „Bäcker­schup­fen“ bestraft. Hier­zu wur­den sie in einen Käfig gesperrt und ins Was­ser gewor­fen, bis sie ertran­ken. Ein sehr schlau­er Bäcker, wel­cher zum Bäcker­schup­fen ver­ur­teilt wur­de, schloss mit dem Rich­ter einen Han­del ab. Er sol­le ihm eine Auf­ga­be stel­len, die unmög­lich zu bewäl­ti­gen sei. Wenn er es bis zum nächs­ten Tag trotz­dem schaf­fe, sol­le er frei­ge­las­sen wer­den. Der Rich­ter sag­te zu und gab dem Bäcker die Auf­ga­be, ein Brot zu backen, durch das drei­mal die Mor­gen­son­ne schei­nen könne.

Der Bäcker wur­de, in Ket­ten geschla­gen, zum Back­ofen gestellt und durf­te die gan­ze Nacht arbei­ten. In sei­ner Ver­zweif­lung ob die­ser schwe­ren Auf­ga­be fiel der Bäcker mit über die Schul­tern über­kreuz­ten Arme neben dem Back­ofen nie­der. Durch sei­ne Kör­per­hal­tung kam dem Bäcker die Idee der heu­ti­gen Bre­zen­form. So schlang er ein Brot, das aus­sieht, als wür­de man die Hän­de vor dem Brust­korb in Sor­ge über­kreu­zen. Sie­he da, am Mor­gen schien der ers­te Son­nen­strahl drei­mal durch die Brot­form und der Bäcker kam frei.

Übri­gens: Wer sich näher für die Geschich­te des Bäcker­hand­werks inter­es­siert, der kann das Brot- und Müh­len­mu­se­um in Glogg­nitz besu­chen, nähe­re Infos unter info@​brotundmuehle.​at.