Gerald Hofer und Rein­hard Rit­ter an der Hoanz­l­bank – neu­es­tes Pro­jekt: die Nut­schin­deln, die haupt­säch­lich hier in Nie­der­ös­ter­reich gefer­tigt wer­den; Gerald Hofer fer­tigt auch Brun­nen­trö­ge, Holz­dach­rin­nen, stei­ri­sche Wei­de­zäu­ne, alte Kas­ten­fens­ter u. v. m. / Foto: Ritter

In Aigen bei Kirch­schlag, dort wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen und wo man bei Win­ter­stür­men bald ein­mal zuge­weht wer­den kann, haben Gerald Hofer und Rein­hard Rit­ter ihre „Schin­del-Werk­statt“. War es frü­her gang und gäbe, sein Heim mit Schin­deln zu decken, beherrscht heu­te kaum noch jemand die­se alte Hand­werks­kunst. Mit ihren „Nut­schin­deln“ sind sie zur­zeit sogar wahr­schein­lich die ein­zi­gen Erzeu­ger in Österreich.

Rein­hard Rit­ter kommt aus der Maschi­nen­bau­bran­che, Gerald Hofer ist gelern­ter Tisch­ler. Bei­de haben auch noch ande­re Jobs, doch seit­dem sie 2012 ganz klein ange­fan­gen haben, Schin­deln von Hand zu fer­ti­gen, haben sie mitt­ler­wei­le eine so gute Auf­trags­la­ge, dass der Win­ter zu kurz wird, um all die Schin­deln zu fertigen.

Wie alles begann

Der Bru­der von Gerald Hofer ist Förs­ter in Nass­wald und auch die­ser inter­es­sier­te sich für den Schin­del­bau. So absol­vier­ten Rein­hard Rit­ter und er den ers­ten Kurs in Sachen Schindel-Anfertigung.

Vom Baum zur Schindel

Vie­le Arbeits­schrit­te und viel Vor­lauf­zeit sind not­wen­dig, bevor man die fer­ti­gen Schin­deln in Hän­den hal­ten kann. „Da ist zuerst ein­mal wich­tig, dass der Baum dafür ast­frei ist, einen gera­den Wuchs, fei­ne Jah­res­rin­ge und einen zen­tra­len Kern auf­weist“, so Rit­ter. „Wir suchen uns mitt­ler­wei­le unse­re Bäu­me selbst aus, bevor die­se bei abneh­men­dem Mond im Win­ter gefällt wer­den“, ergänzt Hofer.

Wich­tig ist bei­den, dass das Holz aus der Regi­on kommt; vor­wie­gend wird Lär­chen­holz, aber auch das Holz von Tan­ne oder Fich­te ver­wen­det. Danach wer­den vom Stamm dicke Plat­ten (40 bis 50cm) her­un­ter­ge­schnit­ten. Die­se wer­den zuerst grob wie „Tor­ten­stü­cke“ geklo­ben, aus denen schließ­lich klei­ne fla­che Schin­deln gefer­tigt wer­den; dann wer­den sie auf der „Hoan­zel­bank“ geputzt und die Tropf­kan­te gefer­tigt, bevor sie min­des­tens ein Jahr trock­nen. Erst danach wer­den die­se zu Schar- oder neu­er­dings auch zu Nut­schin­deln, fast aus­schließ­lich in Hand­ar­beit. „Natür­lich haben wir uns mitt­ler­wei­le ein paar maschi­nel­le Hilfs­mit­tel gebas­telt, sonst kämen wir gar nicht nach und die Schin­deln wer­den zu teu­er“, so Ritter.

70 bis 80 Schin­deln sind für einen Qua­drat­me­ter fer­ti­ge Deckung not­wen­dig, da sie ja drei­fach gedeckt wer­den.
„Das Beson­de­re an den Nut­schin­deln ist, dass die Nut mit einem ‚Nier­ei­sen’, wel­ches frü­her fast in jedem Bau­ern­haus zu fin­den war, auf der ‚Hoan­zel­bank‘ mit einer ent­spre­chen­den, eben­falls selbst gemach­ten Vor­rich­tung ein­ge­bracht wird“, erzählt Hofer. „Wir hal­ten uns da immer an die alten Vor­la­gen, bei den Maschi­nen eben­so wie bei den Schindeln.“

Nach­hal­ti­ger Baustoff

„Die Schar­schin­deln wer­den in Drei­fach­de­ckung für Dächer oder in Zwei­fach­de­ckung für Wand­fas­sa­den ver­wen­det“, so Rit­ter. Die Nut­schin­deln wer­den in Zwei­fach­de­ckung haupt­säch­lich für denk­mal­ge­schütz­te Bau­wer­ke eingesetzt.

Natur­be­las­sen

„Wir haben uns für das Schin­del­ma­chen ent­schie­den, weil Schin­deln uns gut gefal­len, weil Holz ein öko­lo­gi­scher Bau­stoff ist, die Schin­deln ein gerin­ges Gewicht auf­wei­sen, aber auch sturm- und hagel­si­cher sind. Man darf sie aber auf kei­nen Fall strei­chen oder sie sonst irgend­wie behan­deln“, sind sich bei­de einig. „Je grö­ßer die Dach­nei­gung, umso län­ger die Lebens­dau­er. Man könn­te sagen, der Win­kel des Daches ist gleich­zu­set­zen mit den Jah­ren: Also wür­de ein 45-Grad-Dach 45 Jah­re hal­ten“, weiß Rit­ter.
In der alt­be­währ­ten Tech­nik haben die bei­den schon Schin­deln für die Schweiz, Ober­ös­ter­reich, die Stei­er­mark, Wien und für ihre Hei­mat Nie­der­ös­ter­reich gefer­tigt. „Das ist uns am liebs­ten“, schmun­zeln die beiden.